Zürich entfernt kolonialistische Namen – verkauft aber weiterhin umstrittene Dubler-Mohrenköpfe

Limmattaler Zeitung. Die Cafés und Restaurants von städtischen und stadtnahen Betrieben haben die Schokoladen-Desserts mit rassistischem Namen nach wie vor im Sortiment. Nun stoppen manche den Verkauf. Profitiert die Konkurrenz?

Diskriminierung am Arbeitsplatz, Polizeigewalt und Statuen mit Sklaverei-Vergangenheit: Die «Black Lives Matter»-Bewegung sorgte im vergangenen Sommer dafür, dass auch in der Schweiz ernsthafter über Rassismus diskutiert wurde. Doch richtig hoch gingen die Wogen vor allem bei einem Thema – dem «Mohrenkopf».

Symbol für dieses zuckerhaltige «pièce de résistance» war dabei die Firma Dubler aus Waltenschwil AG und ihr Inhaber Robert Dubler. Dieser wehrt sich gegen eine Namensänderung seines Desserts und weist jegliche Rassismus-Kritik von sich. Und er nimmt in Kauf, dass Firmen sein Produkt aus dem Regal nehmen, so wie die Migros im vergangen Jahr.

«Rassismus darf nicht toleriert werden» – aber…

Nun dürfte Dubler weitere Prestige-Aufträge verlieren, und zwar in Zürich, allerdings mit Verspätung. Denn die Stadtzürcher Regierung hat im April bekannt gegeben, koloniale und rassistische «Zeichen» und Namen aus dem öffentlichen Stadtbild zu entfernen – oder zusätzliche Informationen dazuzustellen, um Passantinnen und Passanten einen Kontext zu liefern.

Im entsprechenden Communiqué hiess es: «Für den Stadtrat ist klar: Rassismus darf nicht toleriert werden.» So würden noch dieses Jahr die Hausnamen-Inschriften mit rassistischem Bezug im Niederdorf entfernt. Sie lauten «Zum Mohrenkopf» und «Zum Mohrentanz».

Stellungnahme des Präsidialdepartements

Doch in städtischen und stadtnahen Betrieben ist die Botschaft offensichtlich nicht angekommen. Wie Recherchen zeigen, verkaufen die Stadtspitäler Triemli und Waid in ihren Cafeterias nach wie vor die Dubler-Mohrenköpfe. Ebenfalls erhältlich sind sie im Café des Landesmuseums, mit dem die Stadt Zürich kooperiert, und an der Snackbar des Kunsthauses Zürich, das von der Stadt kräftig mitfinanziert wird.

Beim Kunsthaus Zürich hat man kein Gehör für die Kritik. Das hauseigene Restaurant und das Café in der Eingangshalle seien von der Kunsthaus-Stiftung an die Remimag AG verpachtet, sagt Sprecher Björn Quellenberg. Auf den Pächter und dessen Sortiment habe man keinen Einfluss. Eine Stellung zur Rassismus-Kritik am Namen bezieht das Museum auf Nachfrage nicht. Nur: «Es gab letzten Herbst einige wenige Beschwerden von Kunsthaus-Besucherinnen, die sich an dem Produkt störten. Wir haben diese Beschwerden an die Remimag AG weitergeleitet.»

«Verkaufen sie, weil sie die besten sind»

Und was sagt der Pächter? Remimag-Geschäftsleiter Florian Eltschinger schreibt, dass für ihn der Genuss im Zentrum stehe: «Wir verkaufen die Dubler-Mohrenköpfe in den meisten unserer Betriebe, weil diese einfach die besten sind.»

Für Lukas Wigger, Sprecher des städtischen Präsidialdepartements, ist das alles kein Problem. Der Entscheid der Regierung beziehe sich einzig auf Zeichen im öffentlichen Raum. Er betont, dass in den städtischen Personalcafeterias die Süssigkeit von Dubler nicht zu finden sei – fügt dann aber doch an, dass auch auch in den Cafeterias der Gesundheitsbetriebe künftig darauf verzichtet werde.

Triemlispital sucht eine Dubler-Alternative

Auf Nachfrage begründet Vera Schädler, Sprecherin des Gesundheitsdepartements, den Entscheid mit dem Produktnamen. Dieser habe einen Bezug zu Rassismus und Kolonialismus. Es würden nun nur noch Restbestände der Süssigkeit verkauft, und danach werde man ein alternatives Produkt ins Sortiment aufnehmen.

Auch dem Landesmuseum scheint das Produkt inzwischen unangenehm: «Gemeinsam mit dem Pächter des Restaurants sind wir daran, einen adäquaten Ersatz für die Dubler-Mohrenköpfe zu suchen, damit das Produkt aus dem Angebot genommen werden kann», sagt Marketingchef Andrej Abplanalp. «Die koloniale Vergangenheit aufzuarbeiten und zu thematisieren ist für uns als Museum ein wichtiges Thema.»

Namenswechsel aus wirtschaftlichen Gründen

Fragt sich, ob die Konkurrenz von den gestoppten Dubler-Verträgen profitieren kann. «Nein», sagt Eric von Graffenried, Chef der Berner Schokoladenproduzentin Chocolat Ammann. «Aber alle Produzenten haben von der medialen Berichterstattung über die Mohrenkopf-Debatte profitiert.»

Ammann nannte seine Produkte bis vor drei Jahren «Mohrenkönig». Weil die Firma aber vermehrt auch im Ausland verkaufen wollte, kam es zu einem Namenwechsel. Nun heissen sie je nach Grösse «King», «Mini King» oder «Prinz». Über 16 Millionen Stück werden pro Jahr produziert. Den Namen «Mohrenkönig» zumindest in der Schweiz beizubehalten, sei nicht in Frage gekommen. Allerdings nicht, weil man sich für den Namen schäme. «Diese Debatte ist völlig verpolitisiert, niemand von unseren Kundinnen und Kunden hat rassistische Hintergedanken, wenn sie Mohrenkopf sagen.»

Dass der Name auch im Schweizer Markt verschwunden ist, hat somit in erster Linie wirtschaftliche Gründe, wie von Graffenried erklärt. «So können wir die Vermarktung einheitlich angehen und die Verpackungskosten sind tiefer, wenn wir nur einen Namen benutzen.»

Die Baselbieter Schokoladenfirma Othmar Richterich reagierte hingegen vergangenen Herbst, allerdings erst nachdem die Warenhauskette Manor die «Schaum-Mohrenköpfe» aus dem Sortiment nahm. Auf den goldigen Verpackungsfolien steht seither nur noch der Name des Familienunternehmens.

Bei der Freiburger Schokoladenfirma Villars heissen die Desserts hingegen bereits seit rund 30 Jahren «Choco-Köpfli» – nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus moralischen Überlegungen, wie Firmenchef Stephan Buchser kürzlich in der Coop-Zeitung erklärte. Zuvor hiessen sie «Tête de nègre», also Mohrenkopf. Schon damals habe es aber grosse Diskussionen um den korrekten Namen gegeben, man habe dann schnell reagiert. «Für uns die einzig richtige Entscheidung.»

Für Robert Dubler ist eine Namensänderung hingegen kein Thema, wie er vergangenen Sommer in mehreren Medienberichten mit Nachdruck betonte. In der Sendung «Talk Täglich» sagte er zum Beispiel: «Der Begriff assoziiert viel Gutes. Wenn ich dies nun auf einen anderen Namen abmünze, dann werde ich so durchschnittlich wie die anderen.»