Wer Ja stimmt, hilft Eric Weber


Über was stimmen wir ab?

Über eine Anpassung des Wahlgesetzes. Künftig soll es keine künstliche Hürden mehr geben für Parteien. Bisher galt dieRegel, dass eine Partei in einem Wahlkreis (z.B. Kleinbasel) mindestens 4 Prozent der Stimmen erhalten musste, um zur Sitzverteilung zugelassenzu werden. Stimmen die Basler Stimmbürger am 12. Februar der Änderungzu, gilt ab den Wahlen 2020 keine Mindestgrenze mehr. Jede Partei würdeso viele Sitze erhalten, wie ihr gemäss Anzahl Stimmen zustehen. 

Wer würde von der neuen Regelung profitieren?

Ohne Quorum würden die Resultate der vergangenenGrossratswahl anders daher kommen. Eric Webers rechtsextreme Volksaktion etwa hätte einen ihrer beiden Sitze im Grossen Rat gerettet. Ebenso ins Parlament eingezogen wäre die Kleinpartei «Freistaat UnteresKleinbasel» des Künstlers Christian Mueller. Von den etabliertenParteien würde die EVP am meisten profitieren, grösste Verliererin wäredie FDP.

Die Gewinner und Verlierer derWahlreform: So sähe die Bilanz der Parteien bei den Grossratswahlen 2016 ohne Sperrklausel aus.

Weshalb kommt es zu dieser Reform?

Ursprung der Reform ist eine Motion der heutigenBastA!-Nationalrätin Sibel Arslan, die 2015 vom Grossen Rat gutgeheissen wurde. Sie verlangt, dass die Wahlkreis-Hürde auf 5 Prozentheraufgesetzt oder ein kantonsweites Quorum eingeführt wird, was eslokal verankerten Gruppierungen schwer gemacht hätte, in den Grossen Rat einzuziehen. Diese Hürde hätte Eric Weber an einer Wiederwahl hindernsollen, der nur im Kleinbasel präsent war. 

Die Regierung sprach sich gegen diese «Lex Weber»aus, weil das bestehende Wahlgesetz erst 2011 angepasst worden war. 2011 wurde die Wahlkreis-Hürde von 5 Prozent auf 4 Prozent gesenkt. DieJustiz- und Sicherheitskommission schliesslich beschloss einigermassenüberraschend, die Sperrklausel gehöre ganz abgeschafft.

Was spricht dafür?

Für Daniel Bochsler, Politologe am Zentrum fürDemokratie in Aarau und in Kopenhagen, ist jede künstliche Hürdeproblematisch, weil damit der Wählerwillen verzehrt werde. Das einzigevalable Argument für ein Quorum, den Schutz des Parlamentsbetriebs voreiner Zersplitterung der Kräfte, sieht er in der Schweiz nicht gegeben,da die parlamentarische Demokratie hier seit jeher mit einer Vielzahlvon Parteien funktioniere. 

Tanja Soland, Präsidentin der Justiz- undSicherheitskommission, unterstützt die Reform aus denselben Gründen:«Mein Demokratieverständnis verlangt, dass wir ein Wahlgesetz haben,welches möglichst wenige Stimmen verloren gibt.»

Im schweizweiten Vergleich steht Basel-Stadt mitseinem Quorum nicht alleine da, aber doch in überschaubarerGesellschaft. Im Aargau gilt seit 2011 eine Sperrklausel von 5 Prozentin einem Bezirk oder 3 Prozent kantonsweit. Dieselbe Regelung kennt derKanton Zug. 

Kurioserweise stimmt am 12. Februar auch die Stadt Zürich über eine Abschaffung der 5-Prozent-Hürde je Wahlkreis ab. Dortsteht ein breites Komitee von Links bis Rechts hinter der Reform. 

Und was spricht dagegen?

Einer der Gegner der Reform ist FDP-Präsident Luca Urgese: «Das neue Gesetz ist eine Lex EVP.» Die Linke verfolge damitdas Ziel, die rechtsbürgerlichen Kräfte zugunsten der Mitteparteien zuschwächen. Tatsächlich würde die FDP verlieren und Grünliberale und EVPprofitieren.

Dazu, beklagt Urgese, führe die Abschaffung derHürde zur Zersplitterung der Parteienlandschaft im Grossen Rat – dieMehrheitsfindung werde erschwert.

Ausserdem müsse man auch die Wahlkreise anpassen,wenn man maximale Fairness bei den Grossratswahlen wolle. «Nur wenndiese gleich gross sind, ist jede Stimme genau gleichviel wert.»Tatsächlich führt die unterschiedliche Grösse der Wahlkreise dazu, dassStimmen unterschiedlich viel wert sind. Problematisch ist die Situationvor allem dank der Gemeinde Riehen, dem mit Abstand kleinsten Wahlkreis(Bettingen ausgenommen).

Tanja Soland hält eine derartige Reform fürunmöglich: «Das will die Bevölkerung nicht. Soll etwa künftig das St.Johann mit dem Kleinbasel vermählt werden, sollen wir die Einheit derGemeinde Riehen bei Wahlen abschaffen?»