Wegen Rechtsradikalen: Geheimdienst vor Ort

Neue Luzerner Zeitung vom 30.07.2012

URI Der geplante Aufmarsch von Rechtsradikalen auf dem Rütli gerät in den Fokus des Geheimdienstes des Bundes. Es werden militante Splitter­gruppen erwartet.

ALEXANDER VON DÄNIKEN

alexander.vondaeniken@luzernerzeitung.ch

Wenn sich am 5. August zahlreiche Rechtsradikale auf der Rütliwiese versammeln, werden nicht nur die Polizisten ein Auge auf sie werfen, sondern auch der Nachrichtendienst des Bundes (NDB), wie die «Sonntagszeitung» gestern vermeldet hat. Über die Gründe schweigen sowohl der NDB als auch die Urner Kantonspolizei. Kapo-Sprecher Karl Egli bestätigt jedoch: «Wir sind mit dem Nachrichtendienst des Bundes in Kontakt.» Einzelheiten könne er aber nicht preisgeben.

Reagiert Bund auf Flugblatt?

In den letzten Jahren hat die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) den Anlass in Eigenregie organisiert. Ein Blick auf ein aktuelles Flugblatt der Pnos weist nun auf mehrere Mitorganisatoren hin. Dies könnte ein Grund sein, weshalb sich die Bundesbehörden einschalten. Auf dem Flugblatt aufgeführt sind unter anderen die Hammerskins. Die 1990 in Luzern gegründete Gruppierung ist laut Berner Antifaschisten äusserst gewaltbereit. Sie gilt als wichtigste Dachorganisation von Schweizer Skinheads und ist vor allem in den Kantonen Luzern, Aargau und Thurgau stark.

Konzert in Hildisrieden organisiert

Hammerskins werden oft von der Crew 38 unterstützt. Diese Gruppierung wird auf dem Flugblatt als weiterer Mitorganisator aufgeführt. Gemäss einer Medienmitteilung des Antinationalen Kollektivs Luzern vom 1. März 2005 hat die Crew 38 ein Neonazi-Konzert mit über hundert Besuchern auf einem Bauernhof in Hildisrieden organisiert.

Auch der Schweizer Ableger des international agierenden Neonazi-Netzwerkes Blood and Honour hat sich für einen Besuch auf dem Rütli angekündigt. Die Bewegung verbreitet ultranationalistisches und rassistisches Gedankengut und verfügt mit Combat 8 über einen bewaffneten Arm. Blood and Honour ist in Deutschland seit dem Jahr 2000 verboten.

«Serbelnde Pnos»

Auf dem Rütli aufmarschieren werden gemäss dem Flugblatt weitere rechtsextreme Gruppen aus der Zentralschweiz – etwa der Waldstätterbund, die Kameradschaft Morgenstern oder die Kameradschaft Innerschweiz. Die Besammlung soll am frühen Nachmittag am Schiffssteg in Brunnen sein.

Dass die Pnos den Aufmarsch nicht mehr alleine organisiert, werten Szenekenner als Schwäche. «Dieses Mal scheint es, als hätte die serbelnde Pnos endgültig ihre Vorherrschaft in der rechtsextremen Szene verloren», schreibt die Berner Antifa in einer öffentlichen Stellungnahme.

Dass Rechtsextreme auf dem Rütli eine eigene Bundesfeier abhalten, ist nicht erlaubt, wird aber geduldet. Am 2. August 2009 und am 8. August 2010 trafen sich jeweils rund 150 Mitglieder und Sympathisanten der Pnos auf der historischen Rütliwiese. Auch im August des vergangenen Jahres fand eine Feier statt. Die Anlässe erhielten von Jahr zu Jahr weniger Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit.