Verfolgungsdruck auf rechtsextreme Szene ist hoch

Liechtensteiner Vaterland vom 26.02.2013

Mit unterschiedlichen Aktionen machten rechtsextreme Gruppierungen im vergangenen Jahr in Liechtenstein auf sich aufmerksam. Hierfür verantwortlich soll ein harter Kern sein, der 30 bis 40 Personen umfasst und der Polizei bekannt ist.

 

Vaduz. – «Im vergangenen Jahr haben wir eine sehr aktive rechtsextreme Szene in Liechtenstein erlebt», sagte Wilfried Marxer, Direktor des Liechtenstein-Instituts sowie Projektleiter und Autor des Monitoringberichts 2012 zum Rechtsextremismus in Liechtenstein, der gestern vorgestellt wurde.

Der Monitoringbericht sei keine vertiefende Studie über den Rechtsextremismus, für die Interviews mit Szenenmitgliedern geführt wurden. Der Bericht dokumentiere, was im Lauf eines Jahres aus der rechtsextremen Szene zu vernehmen war. Hierzu wurden die Medien, Onlineplattformen, Flyer sowie Plakate ausgewertet und auch dahingehend überprüft, ob Veranstaltungen organisiert wurden. «Ganz vollständig kann diese Sammlung nicht sein, aber wir haben doch ein Netz von Informanten, die uns einiges zutragen», so Marxer.

Die Szene war sehr präsent

Dass es keine Gewaltvorfälle gegeben hat, sei zwar erfreulich, aber er gab auch zu bedenken, dass die Europäischen Aktion (EA) und dieVolkstreue Jugend Fürstentum Liechtenstein (VJFL) sehr präsent waren und einen grossen Aufwand betrieben: Mit Postwurfsendungen, Plakaten, Transparenten, Ballonaktionen oder Auftritten bei Veranstaltungen im Ausland hätten die Gruppierungen nicht nur in Liechtenstein auf sich aufmerksam gemacht. «Bei Veranstaltungen im Ausland wird die Szene in Liechtenstein sehr lobend erwähnt, weil sie so aktiv sei und eine öffentliche Präsenz wie in kaum einem anderen Land habe. Es muss uns zu denken geben, dass wir aus dem Blickwinkel der rechtsextremen Szene als Vorbild dargestellt werden», sagte Marxer. Insgesamt werde deutlich, dass die rechtsextreme Szene international vernetzt ist.

Hintergrund schimmert durch

In einem Rückblick ging Marxer auf dieAktionen der EA und derVJFL ein, die im März 2012 mit einer wilden Plakataktion der EuropäischenAktion in Triesenberg auf gemeindeeigenen Hinweistafeln begonnen haben. «Der Inhalt erfüllte die Straftatbestandsnormen hinsichtlich Rassismus nicht: Die Diktion bewegte sich noch im Rahmen der allgemeinen Meinungsäusserungsfreiheit, wobei der rechtsextreme Hin- tergrund durchschimmert», so Marxer. Im Juni startete eine Flugblattaktion der Europäischen Aktion über ihre Ziele, wovon jedes in einem eigenen Flugblatt detailliert dargestellt wird. «Insgesamt wirken die Ziele ein bisschen wirr», sagte er.

Viel Kreativität erkennbar

Die VJFL hat Marxer zufolge im Juni versucht, an weiterführenden Schulen in Eschen,Vaduz undTriesen mit Flugblättern gezielt Jugendliche anzuwerben. «Monatlich stellen wir Ereignisse fest. Man ist mit viel Kreativität am Werk. Es ist bemerkenswert, dass über das ganze Jahr hinweg eine Fülle an Aktionen stattfand», fasste er zusammen. Dies verdeutliche, dass einige Personen dahinterstecken müssen. Ausserdem werde bei den Flugblättern und Plakaten auch ein finanzieller Einsatz geleistet. Wobei Marxer nicht davon ausgeht, dass diese eine grosse politische Wirkung enfalten.

Das Medienecho, das auf die Aktivitäten der rechtsextremen Szene folge, sei einerseits gut, weil man zeige, dass man sensibilisiert sei und die Szene aufmerksam verfolge.Andererseits gebe es als Nebenprodukt immer auch einenWerbeeffekt für dieVerantwortlichen. «Wir sind froh, dass sich die Medien auch gegen die rechtsextreme Bewegung stellen», urteilte Marxer.

Personenkreis weitgehend bekannt

Jules Hoch, Kripo-Chef und Leiter der Gewaltschutzkommission, zeigte sich ebenfalls erfreut über das Ausbleiben der von der rechtsradikalen Szene ausgehenden Gewalt. «Das ist auch ein Erfolg derArbeit, die in den vergangenen Jahren geleistet wurde», so Hoch. Auch er betonte in diesem Zusammenhang, dass die EA undVJFL trotzdem sehr aktiv gewesen seien. Häufig hätten dieAktionen jedoch nicht strafrechtlich verfolgt werden können und seien daher nicht in den Zuständigkeitsbereich der Polizei gefallen. Bei Sprayereien und anderen Sachbeschädigungen habe die Polizei aber jeweils Ermittlungen aufgenommen, um die Täter aufzuspüren. Der Personenkreis hinter allen Aktionen sei an sich der gleiche und der Landespolizei weitgehend bekannt. Der harte Kern der Szene umfasse 30 bis 40 Personen. «Der führende Kopf dahinter ist sicher der in den Medien geoutete Landesführer der Europäischen Aktion», so Hoch.

Die EA selbst sei in Europa sonst nirgends ein Thema. In Liechtenstein aber habe sie durch die Aktionen – getrieben durch den Kern der Szene – Aufmerksamkeit erhalten. «Ebenfalls einigermassen betroffen sind Vorarlberg und St. Gallen, weil der Verfolgungsdruck in Liechtenstein relativ hoch ist. So fällt es der rechtsextremen Szene schwer, Veranstaltungen in Liechtenstein zu organisieren und sie weicht zunehmend nach Vorarlberg und St. Gallen aus», so Hoch. Für das benachbarte Ausland sei dies zwar nicht «so erfreulich», es zeige aber, dass der Druck wirke.