Skandal-Sektion im Kanton Schwyz. Wie Diethelm der SVP Wägital den Stempel aufdrückt

Blick. Hitler-Post auf Facebook, Corona-Skepsis, und jetzt die Prostituierten-Vorwürfe: Bernhard Diethelm und die Skandal-Sektion SVP Wägital SZ geraten immer wieder in die Schlagzeilen. Warum? Eine Spurensuche.

Durch alle, aber auch wirklich alle Untiefen seines Politikerlebens ist Bernhard Diethelm (40) bislang glatt durchgesurft. Der Schwyzer SVP-Kantonsrat, von allen nur Beni genannt, stellte sich 2019 hinter einen Parteikollegen aus seiner Ortssektion SVP Wägital, als dieser Adolf Hitler auf Facebook lobte (und behauptete ernsthaft, dieser habe mit «Onkel Dölf» gar nicht Hitler gemeint).

Er war Teil der Bewegung, die sich regelmässig mit Kundgebungen gegen die Corona-Politik von Bund und Kantonen zur Wehr setzte, sich der Maskenpflicht widersetzte – und das «Recht auf freie Meinungsäusserung und Freiheit» nannte.

Er soll gemäss Anklageschrift 2021 in Zürich einer Prostituierten für fünf Stunden sadomasochistische Rollenspiele einen Betrag von 4200 Franken geboten haben, sich dabei ein Halsband mit Hundeleine, Latexhandschuhe und eine schwarze FFP2-Maske angezogen und sie zu vergewaltigen versucht haben (und sagte danach an einer Pressekonferenz dazu: «Mein Sexleben gehört mir»).

Konservativste Ecke der Schweiz

Diethelm stieg auf der Welle des Erfolgs während seiner Polit-Karriere immer höher – fast noch höher, als der 2099 Meter hohe Berg hinten über dem Wägitalersee, der seinen Familiennamen trägt: Diethelm.

Erst Sekretär der JSVP Schwyz, Gründungsmitglied und Sekretär der SVP Wägital, Gründungsmitglied der SVP March und Vorderthaler Gemeinderat, später SVP-Kantonsrat. Stolz präsentiert er sich auf seiner Homepage mit grüner «SVP Wägital»-Krawatte.

Doch nun droht ihm der tiefe Fall. Kommenden Montag wird er wegen versuchter Vergewaltigung vor Gericht erscheinen müssen. Diethelm widerspricht der Anklageschrift und will sich nicht mehr dazu äussern. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Immer wieder tauchen die SVP Wägital und Diethelm in den Schlagzeilen auf. Das Wägital bildet mit seinen beiden Gemeinden Innerthal und Vorderthal, und gemeinsam mit den Gemeinden Unteriberg, Oberiberg und Alpthal das Zentrum einer der konservativsten Ecken der Schweiz. Das zeigen regelmässig die Abstimmungen, an denen alles verworfen wird, was «von Bern oben kommt». Diethelm sagte in der «NZZ» einmal: «Hier halten die Leute die Eigenverantwortung noch hoch und verteidigen ihre Freiheitsrechte. Darauf sind wir stolz.»

Sprachrohr des konservativen Tals

Andere Leute, die diese Ortschaften gut kennen, sagen hingegen: «Das Wägital ist politisch dunkelbraun.» Das habe unter anderem mit der Abgelegenheit zu tun. Eine Art Wilder Westen, an denen Corona-Kritiker ungestört ihre Partys feiern, Bauern ihre eigenen Gesetze haben und Menschen ihr rechtsradikales Gedankengut ungestraft ausleben könnten.

Diethelm ist in Vorderthal geboren, wohnt immer noch da – gemäss Anklageschrift im selben Haus wie seine Mutter. Hier wurde er politisch sozialisiert. Von hier aus hat sich der Koch, nebenamtliche Kirchenschreiber und Politiker über die Jahre zu einem Sprachrohr des konservativen Tals gemausert.

Bernhard Diethelm gilt unter politischen Weggefährten als «Büezer», soll ein Polit-Ziehsohn des Schwyzer SVP-Nationalrats Pirmin Schwander (61) sein. Mit seinen politischen Ansichten und seiner hemdsärmeligen Art eckt Diethelm aber nicht selten auch innerhalb seiner Partei an.

Kantonalpartei fürchtet sich vor Sitzverlust

Kritiker sagen: «Die Leute, die er immer beschimpft, verkörpert er selber. Es ist das bekannte Projektionsproblem.» Diethelm selbst sagte einmal in der «Zuger Zeitung»: «Wenn man klare Positionen vertritt, so tritt man anderen auf die Füsse.»

Nun ist er seiner Kantonalpartei vielleicht etwas zu fest auf die Füsse getreten. Diese forderte bereits am Sonntag, dass die Ortssektion Wägital Diethelms Mitgliedschaft vorläufig sistiert. Andernfalls werde die Kantonalpartei ein Verfahren zum Ausschluss der ganzen Ortspartei einleiten, sagte SVP-Kantonalpräsident in den vergangenen Tagen.

Polit-Beobachter glauben, die Kantonalpartei tue dies vor allem aus Eigenschutz. Offenbar fürchtet man bei der SVP Schwyz, einen ihrer beiden Nationalratssitze zu verlieren – ausgerechnet an Massnahmenkritiker.