[sda/em] – Bundesrat Kaspar Villiger warnte auf dem Rütli unter Buh-Rufen von Rechtsradikalen

Der Bund

vor dem Verlust der politischen Kultur in der Schweiz. In seiner Rede zum 1. August zeigteBundesrat Kaspar Villiger auf dem Rütli vor rund 2000 Zuhörerinnen und Zuhörer auf, dass dieSchweiz noch heute von den alten Eidgenossen lernen könne. Die am frühen Morgen von linkenAktivisten aufgezogene Europafahne konnte rechtzeitig vor der offiziellen Feier wieder durch eineSchweizer Fahne ersetzt werden. Die Polizei sucht noch immer nach den “Dieben” derSchweizerfahne.

Damit, dass die Bauern vor 700 Jahren Mut zur Umstrukturierung gezeigt und die Arbeitsteilung wie auch den Handel überdie Grenzen gefördert hätten, hätten sie den Grundstein für den Wohlstand gelegt. Warnung vor Verlust der politischen Kultur
Villiger warnte aber auch vor dem Verlust der politischen Kultur in der Schweiz. Er nannte als Gefahren den zunehmendenIndividualismus, das Abseitsstehen der Eliten oder die Diffamierung des politischen Gegners anstelle der sachlichenAuseinandersetzung.

Bei der Begrüssung und während seiner Rede wurde der Finanzminister mehrmals von Rechtsradikalen ausgebuht. Siepfiffen bei Stichworten wie “EU-Beitritt” und “weltoffene Schweiz” und applaudierten beim Stichwort“Nationalsozialismus”. Zur Nationalhymne erhoben mehrere Personen die Hand zu einer Mischung aus Rütlischwur undHitlergruss.

Die Polizei schätzte die Zahl der Rechtsradikalen auf dem Rütli auf gut 100. Das sind rund fünfmal mehr als in den letztenJahren. Aus polizeilicher Sicht sei es zu keinen nennenswerten Vorfällen gekommen, teilte die Urner Kantonspolizei mit.

Villiger liess sich nicht beeindrucken
Villiger gab sich nach seiner Rede vor den Medien wenig beeindruckt von den Rechtsradikalen. Anfänglich habe erBedenken gehabt, dass die Feier nicht friedlich zu Ende gehen könnte, sagte Villiger. Es sei positiv zu werten, dass dieFeier -abgesehen von ein paar Zwischenrufen – nicht gestört worden sei.

Er wisse nicht so recht, wie er diese Leute einordnen müsse, sagte Villiger: “Ich kenne ihre politische Haltung nicht. Ichweiss nicht, ob das wirklich Neonazis sind.” So lange sich diese Personen friedlich verhielten, seien sie zu akzeptieren.

Mehr Mühe bereitete Villiger ein allfälliger Hitlergruss auf dem Rütli. Er selbst habe keine gesehen, sagte derFinanzminister. Der Hitlergruss gehöre aber auf keinen Fall hierhin. “Das ist eine echte Sauerei”, sagte derFinanzminister.

Ein Fahnendiebstahl zum Auftakt
Bereits am frühen Morgen sorgte eine Gruppe F.A.R.C.E (Fraction Armée Révolutionaire Clandestine Etc.) fürAufregung auf der Rütliwiese. Die Gruppe hatte in der Nacht auf Dienstag die Schweizerfahne gestohlen und durch eineEuropafahne ersetzt.

Weil das Seil am Masten durchgeschnitten und der Masten eingefettet waren, gelang es den Organisatoren der1.-August-Feier auf dem Rütli nur mit Mühe, die Europafahne wieder durch eine Schweizerfahne zu ersetzten.

Die Gruppe F.A.R.C.E. teilte am Dienstag früh mit, das Rütli sei nun “freies Territorium der Europäischen Union”. Diegeklaute Schweizerfahne werde zu einem späteren Zeitpunkt Bundespräsident Ogi zugesandt.