Rechtsextreme wollen weitere Mandate

BaslerZeitung

In Günsberg (SO) kandidiert der 19-jährige PNOS-Aktivist Dominic Bannholzer für den Gemeinderat

Ruedi Studer, Solothurn

Im Oktober 2004 wurde erstmals ein Vertreter der rechtsextremen PNOS in den Langenthaler Stadtrat gewählt. Jetzt möchte diese Partei auch im solothurnischen Günsberg einen Gemeinderatssitz erobern. Auf der solothurnischen Sonnenterasse gibt man sich gelassen.

Katzenjammer nach den Langenthaler Stadtratswahlen vom letzten Oktober: Der 20-jährige Tobias Hirschi hatte für die rechtsextreme Partei national orientierter Schweizer PNOS (vgl. Kasten) einen der 40 Sitze erobert. Schon früher hatte die PNOS versucht, in Parlamenten Fuss zu fassen, allerdings ohne Erfolg. Bei den Nationalratswahlen 2003 im Kanton Aargau vermochte die PNOS-Liste gerade mal 0,1 Prozent der Stimmen auf sich zu verbuchen. Im März 2003 ersuchte die Partei um eine Zuteilung einer Wahllistennummer für die basellandschaftlichen Landratswahlen, meldete sich dann aber doch nicht für die Wahlen an. Vor einem Jahr schliesslich machte die PNOS den Schritt auf die kommunale Ebene, wiederum im Aargau: Bei einer Ersatzwahl in den Gemeinderat Oberkulm verlor der rechtsextreme Kandidat zwar klar gegen seinen SVP-Konkurrenten, erzielte aber mit einem Stimmenanteil von knapp 19 Prozent einen Achtungserfolg.

Erst Tobias Hirschi holte schliesslich das erste PNOS-Mandat. Er war damit der erste Rechtsextreme überhaupt, dem seit dem Zweiten Weltkrieg der Einzug in ein schweizerisches Parlament gelang. Seither fühlt sich die PNOS von einer Erfolgswelle getragen und will sich weitere Mandate sichern. Den nächsten Versuch wagt sie am 24. April im solothurnischen Günsberg. Im ländlichen 1200-Seelen-Dorf ob Solothurn, einer als «Sonnenterrasse» geltenden Wohngemeinde mit zahlreichen Wegpendlern und einem Ausländeranteil von gerade mal 7 Prozent, will Dominic Bannholzer einen Gemeinderatssitz erobern.

National-Sozial. Bannholzer, 19-jährig und Strassenbauer, ist Vorsitzender der Solothurner PNOS-Sektion, die Anfang März aus der Taufe gehoben wurde. «Es muss endlich etwas gehen. Wir haben nichts zu verlieren», sagt er im Gespräch. Auslöser für sein politisches Engagement waren sein Ärger über «Haschischdealer auf dem Pausenplatz» und die «Überfremdung, die zur Kriminalität beiträgt». In Sachen Ausländer sei «die Schmerzgrenze erreicht». Dass er sich der PNOS und nicht etwa der SVP angeschlossen hat, begründet Bannholzer mit der sozialen Ausrichtung seiner Partei: «Wir haben soziale Anliegen, setzen uns beispielsweise für die ?Förderung der Schweizer Familie? ein, wie es im Parteiprogramm steht. Der Sozialstaat soll sich nach dem Schweizervolk richten», meint Bannholzer. Auch sonst erweist er sich als treues Sprachrohr des Parteiprogramms: Mit dem «Parteienstaat» etwa solle Schluss sein, dem «Volksstaat» zum Durchbruch verholfen werden. Mitbestimmen solle nur, «wer dem Staat einen Dienst, also beispielsweise Militärdienst, geleistet hat». Obwohl sich die PNOS in ihrem Programm und insbesondere in ihrer Wortwahl und Symbolik (die Parteiflagge: ein Schweizerkreuz mit Morgenstern) stark an die nationalsozialistische Propaganda anlehnt, sieht sich Bannholzer weder als Rechtsextremer noch als Neonazi. «Ich bin Nationalist», verteidigt er sich, «wir vertreten rechte und linke Positionen, diese aber radikal.» Sollte er in den Gemeinderat gewählt werden, will er sich «mit mehr Polizeikontrollen gegen Drogen dealende Asylanten» zur Wehr setzen. «Die Leute haben Angst, wenn die Asylsuchenden im Dorf rumlungern.» Auch gegen die beim Schulhaus geplante Handyantenne will er sich engagieren. Er selbst rechnet sich Wahlchancen aus. «Denn ich bin gerne unter den Leuten und kenne ihre Probleme.»

Der Günsberger Gemeindepräsident Andreas Eng aber sieht der PNOS-Kandidatur gelassen entgegen. Bannholzer, Mitglied bei den Schützen und den Korbballern, werde wohl ein paar Stimmen holen, eine Wahl hingegen hält Eng für unrealistisch. «Das hat vor vier Jahren nicht einmal die CVP geschafft.» Man wolle die Kandidatur zwar nicht verharmlosen, sagt der FdPler, aber auch nicht aufbauschen. «Die PNOS würde dadurch nur eine Plattform erhalten.» Ärgerlich sei aber, dass Günsberg erneut als «rechtsextreme Ecke» des Kantons in die Schlagzeilen gerate. Vor einem Jahr schon hatten hier zwei Flugblätter mit rassistischem Inhalt die Runde gemacht. Laut Auskunft der Solothurner Kantonspolizei konnten die Urheber bisher nicht ermittelt werden. Und Bannholzer weist jeden Verdacht von sich.

Keine Spuren. In Günsberg selbst sind die Reaktionen auf die PNOS-Kandidatur zurückhaltend. Sie seien unpolitisch, winken zwei Frauen vor einem Blumenladen ab. «Der ist schon in Ordnung», fügt die eine hinzu, die Bannholzer persönlich kennt. Ein Mann Ende fünfzig gibt sich etwas gesprächiger. Er kenne zwar weder Bannholzer noch die PNOS, Extreme und deren «Gartenzaundenken» seien aber nicht sein Ding.

Bei den Gemeinderatswahlen will er seine Stimme gemässigten Parteien geben – und diesbezüglich stehen einzig FdP und SP zur Wahl. Zumindest Gemeindepräsident Eng ist sich sicher: «Die PNOS wird hier keine Spuren hinterlassen.»

«Fremdenfeindlich, antidemokratisch, rechtsextrem»

Unter Beobachtung. Gegründet wurde die Partei national orientierter Schweizer (PNOS) im Jahr 2000. Seither ist die gemäss Bundesamt für Polizei «rechtsextreme politische Gruppierung» vor allem in den Mittellandkantonen sowie den beiden Basel aktiv. Laut Extremismusbericht 2004 ging die Partei aus der Skinhead-Szene hervor. «Die PNOS sucht den Einstieg in die Politik der Schweiz. Ihre Herkunft aus dem gewalttätigen Rechtsextremismus versucht sie durch einen möglicherweise nur strategischen Gewaltverzicht vergessen zu machen», heisst es im Bericht. Und weiter: «Das Parteiprogramm, die Parteizeitung und andere Publikationen der PNOS sind nach wie vor geprägt von fremdenfeindlicher, antidemokratischer und rechtsextremer Rhetorik.» Die Mitgliederstärke wird auf 100 bis 130 Personen geschätzt.

Ein Verbot der rechtsextremen Organisation steht nicht zur Diskussion, wie Danièle Bersier vom Bundesamt für Polizei auf Anfrage erklärt. Eine solche «ausserordentliche Massnahme» komme nur als Ultima Ratio in Frage – wie letztmals im Fall der Terrororganisation Al Qaida. rus