Rechtsextreme verursachen Aufruhr in Kaltbrunn

NZZ am Sonntag: Die Gründung neuer Pnos-Sektionen provoziert Aufsehen und Proteste

Mit einem Grossaufgebot ist die Polizei am Samstag präsent, als sich Rechts- und Linksaktivisten versammeln.

Nur eine Woche nach dem aufsehenerregenden Grosskonzert von Neonazis in Unterwasser ist der Kanton St. Gallen am Samstag schon wieder zum Schauplatz einer Veranstaltung von Rechtsextremen geworden. Diesmal marschierten Nationalisten in Kaltbrunn auf, im Gebiet See-Gaster. Anlass war die Gründung neuer Kantonalsektionen der rechtsextremen Partei national orientierter Schweizer (Pnos). Dabei stand auch ein «Balladen-Abend» – so hatte es die Pnos verharmlosend angekündigt – mit der deutschen Band Flak auf dem Programm. Diese war mutmasslich schon in Unterwasser aufgetreten.

Erst um 13 Uhr gab die Pnos bekannt, dass die Gründungsversammlung der neuen Sektionen im Landgasthof Löwen in Kaltbrunn durchgeführt werde. Dieser verfügt hinter dem Haus über einen Partyraum, wo sonst Geburtstagsfeste, Versammlungen der Ortsparteien oder Hochzeiten stattfinden. Die Frage, ob sie keinen Skrupel hätten, ihr Lokal an Rechtsnationalisten zu vermieten, verneinten die Wirtsleute. Darüber hinaus gaben sie sich wortkarg. Gar nichts vom rechtspolitischen Anlass wusste der direkte Nachbar, ein Landwirt. Er war der Meinung, der Medien-Auflauf habe mit der Umfahrung von Kaltbrunn zu tun.

Ab 18 Uhr 30 wurden die ersten Mitglieder und Sympathisanten der Pnos erwartet. Für die Einweisung der Autos und für die Eingangskontrolle war der «Ahnensturm», der eigene Sicherheitsdienst der Partei, zuständig. Im Umkreis des Lokals war auch die Kantonspolizei St. Gallen mit einem Grossaufgebot präsent – anders als vor Wochenfrist: In einer Seitenstrasse standen vier Personentransporter, Streifenwagen; zivile Fahrzeuge patrouillierten ständig durchs Dorf. Die Polizei musste aber bis Redaktionsschluss nicht eingreifen. Anfänglich tummelten sich vor dem Parkplatz des «Löwen» mehr Medienschaffende als Pnos-Aktivisten. Um 19 Uhr 30 begann die Versammlung dann, und der Polizeisprecher bat die Medien, den Platz zu verlassen.

Dominic Lüthard, der 34-jährige Vorsitzende der Pnos, der selber nicht in Kaltbrunn gewesen sein will, sagte, dass es sich um einen Privatanlass handle und Medien keinen Zutritt hätten. Gesamthaft zähle die Pnos gegen 400 Mitglieder. Sie habe in letzter Zeit regen Zulauf erhalten.

Gegen den Anlass in Kaltbrunn hatten sich am Nachmittag in Rapperswil (SG) rund 60 zum Teil vermummte Personen zu einer unbewilligten Demonstration versammelt. Die Polizei kesselte die Gruppe auf dem Bahnhofplatz ein, so dass sie blockiert war und bald wieder abzog.

Am vorletzten Samstag waren bis zu 6000 Neonazis, die meisten aus Deutschland, für ein Konzert nach Unterwasser ins Toggenburg gereist. Die Veranstaltung war so organisiert worden, dass Gemeinde und Vermieter nichts vom Ausmass und der Ausrichtung wussten. Die Polizei konnte nach eigenen Angaben nur noch schauen, dass es zu keiner Eskalation kam, als sie vom Ort und der Dimension des Konzerts erfuhr.

FOTOS: NZZ AM SONNTAG