Rechte Szene ist nach wie vor aktiv

Liechtensteiner Vaterland vom 03.04.2012

2011 kam es in Liechtenstein zu keinen registrierten Gewalttaten mit rechtsextremem oder rassistischem Hintergrund. Trotzdem gibt es eine aktive rechte Szene in Liechtenstein, die auch weiterhin beobachtet werden muss.

Vaduz. – Bei der Präsentation des zweiten Monitoringberichts zu Rechtsextremismus in Liechtenstein zeigte sich Regierungsrat Hugo Quaderer erfreut, dass die Massnahmen der vergangenen Jahre anscheinend nicht vergebens waren. Denn 2011 wurden keine rechtsextremistisch motivierten Gewaltakte registriert. Die Regierung sei sich aber bewusst, dass es sich beim Monitoringbericht lediglich um eine Momentaufnahme handle. «Wegen einem Jahr ohne Vorkommnisse können wir uns noch lange nicht zurücklehnen», sagte er. Man wisse, dass es eine rechte Szene in Liechtenstein gebe, die mal mehr, mal weniger aktiv sei. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, müsse man auch weiterhin hin- statt wegschauen.

Szene ist vorsichtiger geworden

Auch Wilfried Marxer, Direktor des Liechtenstein-Instituts und Projektleiter des Monitoringberichts, freute sich, dass der diesjährige Bericht deutlich dünner ausgefallen ist als der letztjährige. Er verwies allerdings darauf, dass der Bericht nur Ereignisse erfasse, die an die Öffentlichkeit gelangt seien. «Vieles geschieht leider abseits der Öffentlichkeit und ist somit nicht erfasst», sagte er.

Gewaltdelikte aus der rechtsextremen Szene wurden 2011 zwar keine registriert. Dennoch hat sich die Szene öffentlich bemerkbar gemacht, beispielsweise durch Flugblätter für die sogenannte Europäische Aktion, Schmierereien oder auch über die Internetseite der «Volkstreuen Jugend Liechtenstein». Sowohl auf den Flugblättern der Europäischen Aktion wie auch auf der Homepage zeige sich, dass die Texte und Zielsetzungen relativ offen gehalten würden, sodass der Inhalt alleine nicht zu einer Anklage führen könne, da keine Strafnorm verletzt werde. Bei den Flugblättern könne man aber beim Impressum ansetzen. Ist keines vorhanden, verstösst dies nämlich gegen das Presse- und Medienrecht.

Überhaupt scheint es im Trend zu liegen, dass sich rechtsextreme Gruppierungen vom Image des rechten «Schlägertypen» abgrenzen wollen und daher eher vorsichtiger auftreten. So versuchen sie, ihre Ziele in den normalpolitischen Diskurs einzubringen.

Öffentlichkeit wurde sensibilisiert

Jules Hoch, Vorsitzender der Gewaltschutzkommission, führte die Tatsache, dass im vergangenen Jahr keine Gewaltdelikte mit rechtsextremem oder rassistischem Hintergrund registriert wurden, auf die zahlreichen Massnahmen der letzten Jahre zurück. So wurde die Öffentlichkeit durch Informationsveranstaltungen, einem Internetauftritt oder auch der Kampagne «Gemeinsam Gesicht zeigen» für das Thema sensibilisiert. Dieses Engagement sei auch international anerkannt worden.

Hoch stellte aber klar: «Trotzdem gibt es eine rechte Szene in Liechtenstein.» Und fügte hinzu: «Es sollte uns nachdenklich stimmen, dass eine ganze Reihe Jugendlicher sich in dieser Szene ideologisch zu Hause zu fühlen scheint», sagte Hoch. Daher werde sich die Gewaltschutzkommission auch in Zukunft dem Schwerpunkt rechte Gewalt widmen, auch wenn man natürlich hoffe, dass die momentane Entwicklung zu weniger Gewalt beibehalten werden könne.

Für eine offene Gesellschaft

Der Monitoringbericht 2011 ist bereits der zweite Bericht dieser Art. Er ist eine Sammlung aller Vorkommnisse und Massnahmen im Zusammenhang mit Rechtsextremismus innerhalb eines Jahres und kommt einer Empfehlung des UNO-Ausschusses für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD) nach. Innenminister Hugo Quaderer stellte klar, dass die Regierung rechte Gewalt entschieden ablehnt und sich für eine offene und tolerante Gesellschaft einsetze, die auf gegenseitigem Respekt basiere. Dies gelte im Übrigen auch hinsichtlich der Diskussion über die Initiative «Ja – Damit deine Stimme zählt». «Ich appelliere an die Vernunft und Fairness der Bürger. In diesem Land sollen die Menschen unterschiedliche Ansichten haben dürfen, und andere Meinungen müssen respektiert werden», so Quaderer. Er wünsche sich daher eine sachliche Diskussion, die ohne Diffamierung der politischen Gegner auskomme.