Zionisten und Juden als Synonym

Tagesanzeiger 21.4.97

Bezirksgericht St. Gallen bestraft Fischbacher wegen Rassendiskriminierung. Der St. Galler Arzt Walter Fischbacher erhält eine Strafe von zwei Monaten bedingt. Das Bezirksgericht St. Gallen wertet sein Rundschreiben an Freunde und Nachbarn als Verstoss gegen den Anti-Rassismus-Artikel. Fischbachers Beschuldigungen gegen die Zionisten würden als antisemitische Propagandaverstanden, urteilten die Richter.

Autor: VON CHRISTIAN SAUTER, ST. GALLEN

„Es gibt in der Schweiz niemanden, der so genau zwischen Juden und Zionisten unterscheidet wie ich“, hatte Walter Fischbacher am Prozesstag mehrmalsbeteuert (TA vom Freitag). Das Bezirksgericht St. Gallen konnte der 69jährige Arzt damit aber nicht überzeugen. Der durchschnittliche Leser versteheFischbachers Beschuldigungen, die Zionisten würden die Weltherrschaft anstreben und darum ähnlich wie die Nationalsozialisten vorgehen, alsantisemitische Propaganda. Die Juden als Ganzes würden dadurch herabgesetzt und diskriminiert, hält das Gericht in der mündlichen Urteilsbegründungvom Samstag fest. Zudem benutze Fischbacher selbst die Begriffe „Zionisten“ und „Juden“ teilweise als Synonyme.

Mildernde Umstände

Strafmildernd beurteilten die Richter den Umstand, dass Fischbacher, bevor er sein Rundschreiben verfasst hatte, durch anonyme Telefonanrufe bedrohtund sein Haus mit Farbbeuteln verunstaltet wurde. Der Arzt habe aus einem gewissen Notstand gehandelt, sagte Bezirksgerichtspräsident WernerBaldegger. Mit dem Strafmass von zwei Monaten bedingt blieb das Gericht denn auch klar unter dem Antrag der St. Galler Staatsanwaltschaft, die vierMonate und eine Busse von 7000 Franken gefordert hatte.“Kleiner Schönheitsfehler“Staatsanwalt Thomas Weltert erklärte sich in einer ersten Reaktion befriedigt vom Urteil. Das Gericht habe klar festgehalten, dass antisemitischeÄusserungen in der Schweiz nicht toleriert würden. Ein kleiner Schönheitsfehler sei die fehlende Busse, sagte Weltert. Nicht nachvollziehen kann derStaatsanwalt, dass Fischbacher aus einem Notstand gehandelt haben soll. Schliesslich habe der Arzt die Angriffe gegen ihn mit seinen Beschuldigungenteilweise selbst provoziert.Fischbachers Anwalt Heinz Mäusli wollten sich gegenüber den Medien nicht zum Urteil äussern.