Polizei warnt: Neonazis wollen das Rütli stürmen

SonntagsZeitung

Polizei warnt: Neonazis wollen das Rütli stürmen

1. August: Sicherheitskräfte rüsten sich für einen Einsatz wie beim WEF oder G-8-Gipfel

VON matthias Halbeis

BRUNNEN · Um dem erwarteten Aufmarsch gewaltbereiter Neonazis am 1. August auf dem Rütli Herr zu werden, rüstet sich die Innerschweiz für einen beispiellosen Polizeieinsatz. Weil die Operation die Kräfte der regionalen Korps übersteigt, ergingen Gesuche um Unterstützung an alle kantonalen Kommandos. Hilfe kommt aus der Nordwestschweiz: Aargauer und Solothurner Beamte werden die Zentralschweizer unterstützen. Gemäss Polizeikreisen ist die Bedeutung des Einsatzes mit dem Weltwirtschaftsforum in Davos oder dem G-8-Gipfel in Genf zu vergleichen.

Rechtsradikale verbreiten im Internet den Aufruf, am 1. August das Rütli zu stürmen. Die Zugangsbeschränkung durch die Rütlikommission stelle eine Provokation dar, heisst es. Die Extremisten drohen: «Niemand wird uns stoppen!» Falls es zu Ausschreitungen komme, trage die Kommission eine Mitschuld.

Die Behörden nehmen die Aufrufe der Neonazis ernst: «Wir rechnen damit, dass sich einzelne Gruppen mit Gewalt den Zugang zum Rütli verschaffen wollen», sagt Gesamteinsatzleiter Beat Hensler, Kommandant der Kantonspolizei Luzern. Dies sei mit ein Grund, dass das Polizeiaufgebot grösser sei als bei allen früheren Rütlifeiern.

Armeehelikopter kommt für Luftüberwachung zum Einsatz

In Brunnen SZ, dem Ausgangsort für die Fahrt zum Rütli, will die Polizei westlich des Dorfes einen provisorischen Steg einrichten. Dieser bleibt der einzige See-Zugang zum Rütli, Besucher werden genau kontrolliert.

Gleichzeitig muss die Polizei die Zugänge zur Rütliwiese auf dem Landweg abriegeln. Die Armee wurde um Hilfe für die Luftüberwachung angefragt. Das VBS genehmigte ein Gesuch des Kantons Schwyz bereits teilweise. Sicher ist, dass ein Armeehelikopter zum Einsatz kommt.

Aufgeheizt wird die Stimmung durch den angekündigten Festredner Markus Rauh, Ex-Verwaltungsratspräsident der Swisscom. Er ist ein prononcierter Gegner des neuen Asyl- und Ausländergesetzes. SVP-Vertreter monieren, Rauhs Auftritt sei für viele Leute eine Provokation; sie befürchten, er könnte den Auftritt nutzen, um Stimmung gegen das geplante Gesetz zu machen.

Letztes Jahr hatte ein brauner Mob Bundespräsident Samuel Schmid bei seiner Rede auf dem Rütli ausgebuht. Damit die offizielle Feier nicht mehr gestört wird, gibt die Rütlikommission dieses Jahr Gratistickets nur gegen Angabe der Identität ab. Die Polizei erhält eine Liste der Ticketinhaber und will einschlägig bekannte Rechtsextreme abweisen.