Pegida will in Basler Politik

Schweiz am Sonntag: Der Anführer der umstrittenen Bewegung kündet eine Kandidatur für den Grossen Rat an

Die Basler Demonstration am 3. Februar ist der Auftakt eines Wahlkampfes. Die radikale Splitterpartei der Direktdemokraten formiert sich neu.

Tobias Steiger (41) hat mit seinen Verbündeten des Schweizer Vereins Pegida («Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes») mehr als ein Dutzend Gesuche für Demonstrationen in der Schweiz eingereicht. Alle wurden von den zuständigen Polizeien wegen Sicherheitsbedenken abgelehnt. Ein Vorfall in Basel bestätigte diese: Eine unbewilligte Aktion von Steiger und Co. auf dem Claraplatz artete im August in eine Schlägerei aus. Danach wichen die Ausländerkritiker ins grenznahe Ausland aus. Angeführt von Steiger organisierten sie unter dem Namen Pegida Dreiländereck regelmässige Demonstrationen in Weil am Rhein, die von den deutschen Behörden geduldet und mit einem massiven Sicherheitsaufgebot begleitet wurden. Auch dort kam es immer wieder zu Scharmützeln.

Der Demo-Tourismus setzte die Basler Polizei unter Druck. Staatsrechtsprofessor Markus Schefer hinterfragte die Basler Demoverbote in der «Schweiz am Sonntag». Danach bewilligte die Polizei die erste Schweizer Pegida-Demonstration auf ein Gesuch des Basler Polit-Desperados Eric Weber. Die Schweizer Pegida-Männer benutzen ihn, um an die lang ersehnte Bewilligung zu kommen. Steiger rechnet mit 150 Teilnehmern.

Der Anführer der Basler Pegida-Fraktion wittert durch die Zusammenarbeit mit Weber auch die Chance auf ein politisches Comeback. Auf Anfrage sagt Steiger, der im Juli nach rassistischen Aussagen als Dornacher SVP-Präsident zurückgetreten ist, dass er nach Basel ziehen werde und im Herbst auf einer Liste mit Weber für den Grossen Rat antreten möchte. Kürzlich gründete er eine Sektion beider Basel der Direktdemokratischen Partei Schweiz (DPS). Steiger ist Präsident und derzeit einziges Mitglied. Es ist das zweite Mal, dass die Partei in der Region Basel gegründet wird.

Ihren ersten Anlauf nahm die DPS 2012. Der Ostschweizer Ignaz Bearth, der früher ebenfalls in der SVP sowie in der rechtsextremen Pnos gewesen war, gründete die Partei als rechte Alternative zur SVP. Er fand damals auch ein Trio, das eine Sektion beider Basel aufbauen wollte. Sabrina Peter aus Reinach, Vize-Präsidentin der Sektion, brachte sogar ein Amt mit in die Partei, das sie sich mit der SVP geholt hatte: Sie war Mitglied der Reinacher Sozialhilfebehörde.

Die DPS beider Basel war bereits nach einem Jahr wieder Geschichte. Bearth lieferte sich im Kanton St. Gallen einen Rechtsstreit mit seiner Vize-Präsidentin Diana Rüsch (ebenfalls ex SVP). Er warf ihr vor, Geld aus der Parteikasse veruntreut zu haben. Zwischen den beiden kam es zu einem Machtkampf, bei dem es vor Gericht um die Namensrechte der Partei ging und den Rüsch verlor. Die Basler Sektion stellte sich in diesem Konflikt auf die Seite der unterlegenen Vize-Präsidentin. Bearth schloss die Basler nach seinem Sieg aus seiner Partei aus, wie er auf Anfrage erzählt, und die Sektion löste sich auf. Die Basler Vorstandsmitglieder, die wegen ihrer Aktivität in der Rechtsaussenpartei in negative Schlagzeilen geraten waren, tauchten ab und wechselten den Wohnort.

Übrig blieben in der Schweiz weniger als ein Dutzend DPS-Aktivisten. Nachdem die Bewegung Pegida in Deutschland für Furore gesorgt hatte, erkannten sie ihre Chance: Sie importierten den klingenden Namen in die Schweiz und machten sich damit für die Medien wieder interessant. Den Namen DPS nutzen sie für Wahlen, Pegida für Demonstrationen.

Als einziger DPS-Vertreter trat Steiger 2015 im Kanton Solothurn zu den Nationalratswahlen an. Ihm gelang ein Achtungserfolg: Im Alleingang machte er 3700 Parteistimmen; mehr als die EDU, die Junge SVP oder die CVP-Senioren mit jeweils mehreren Kandidaten. Erreicht Steiger bei den Wahlen in Basel einen ähnlichen Stimmenanteil, dürfte es ihm für einen Sitz reichen. Mit der Demo ist der Start dafür gemacht.

Jean-Marie Le Pen plant Auftritt in Basel

Im Ringen um Aufmerksamkeit verweist der selbst ernannte Rechtspopulist Eric Weber gerne auf seine Kontakte zu Berühmtheiten. Unlängst verschickte er ein Foto, auf dem er mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker abgebildet war. Er bezeichnete sich als einzigen verbliebenen Botschafter zwischen der Schweiz und Europa.

Es sind meist einseitige Beziehungen, die der Grossrat unterhält. Anders im Fall Jean-Marie Le Pen. Der Front-National-Gründer, der im vergangenen August aufgrund antisemitischer Äusserungen aus der Partei wurde, steht gemäss eigenem Bekunden regelmässig in Kontakt mit Weber. Nun plant er gar, der Einladung für die Pegida-Kundgebung vom 3. Februar in Basel Folge zu leisten. Auf Anfrage sagt Le Pen: «Falls ich kann, werde ich kommen.» Ohne zu präzisieren, verweist der 87-Jährige auf «einige Unsicherheiten». Auf seine Beziehung zu Weber angesprochen, reagiert er am Telefon ungehalten. «So etwas zu fragen, gehört sich nicht. Ich urteile nicht über andere Menschen», sagt er und legt enerviert auf.

Für Webers Selbstvertrauen wäre der Auftritt Le Pens wichtig. «Wenn er nach Basel kommt, hab ich den anderen gezeigt, dass ich etwas draufhabe», sagt der ewige Aussenseiter. Offenbar hegen die Mitorganisatoren der Pegida-Kundgebung aber starke Zweifel an Le Pens Auftritt. Auf der Facebookseite der Veranstaltung verzichten sie darauf, mit dem bekannten Gesicht zu werben.

Le Pen bleibt Webers einzige Chance auf einen prominenten Gast. Für den Auftritt des in der Medienmitteilung angekündigten «hochrangigen Abgeordneten» der Alternative für Deutschland (AfD) gibt es keine Indizien. Ob die AfD wie von Weber behauptet überhaupt Kontakte in die Schweiz pflegt, ist unklar. Die Parteizentrale liess die Medienanfragen unbeantwortet.

YOAN VALAT/KEYSTONE