Nisten sich Neonazis ein?

Oltner Tagblatt

Roggwil Treffpunkt in alter Fabrik vermutet

Die Geschichte wiederholt sich: Zuerst traf sich die rechte Szene am Einschlagweg in Burgdorf. Als der Besitzer der Liegenschaft mehr über seine rechtsextremen Mieter vernahm, stellte er sie Anfang Jahr sofort vor die Türe. Für die Extremisten hatte das jedoch kaum Folgen, denn sie verfügten in der Hefefabrik Hindelbank seit Mitte 2004 bereits über einen neuen Treffpunkt. Als die Liegenschaftsverwaltung Wind davon bekam, kündete sie auf Ende Juli 2005 den Mietvertrag. Nahtlos scheinen die Rechtsextremen nun einen neuen Treffpunkt gefunden zu haben. Verschiedene Hinweise deuten darauf hin, dass sie sich seit dem 1. August in einer Fabrikhalle in Roggwil eingemietet haben.

Der Fall scheint heikel und wichtig genug zu sein, dass der Gemeinderat von Roggwil Mitte Juli eine ausserordentliche Sitzung einberief. Den Ausschlag gab ein Fest, das in der alten Fabrikhalle stattgefunden haben soll. Wie viele Teilnehmer sich getroffen haben, ist unklar. Gemeindepräsident Erhard Grütter (FdP) spricht von 150 bis 200 Personen, der Liegenschaftsbesitzer von 40. Nun will es der Gemeinderat genau wissen und lässt abklären, wer die alte Fabrikhalle als Probelokal für eine Band gemietet hat. «Solange unklar ist, wer die Mieter sind, haben wir keine Handhabe», so Grütter.

Auch die Kantonspolizei Bern wurde in den Fall involviert. Zusammen mit den Gemeindebehörden klärt sie Auflagen und gesetzliche Bestimmungen ab, die bei dieser Liegenschaft zum Betrieb als Gastwirtschaft notwendig sind und eingehalten werden müssten. Personenbezogene Auskünfte, die über die Zugehörigkeit der Mieter Aufschluss geben könnten, darf die Polizei nicht machen.

Der Liegenschaftsbesitzer weiss mehr über die Mieter zu erzählen, will seinen Namen jedoch nicht in der Zeitung lesen: «Ich habe erst nachträglich erfahren, dass es sich bei den jungen Leuten um Rechtsextreme handeln soll», sagt er. Mehrere Male hat er die 270 Quadratmeter grosse Fabrikhalle zur Vermietung ausgeschrieben. Auf seine Inserate hat sich ein 20- bis 30-jähriger Mann aus Langenthal bei ihm gemeldet. Der Stahlbauer hinterliess einen seriösen Eindruck und erzählte von seiner Band, die über kein Probelokal verfügte. Zur Band und deren Umfeld sollen 12 bis 15 Personen gehören. Einige von ihnen, habe er in Erfahrung bringen können, sollen an der 1.-August-Feier auf dem Rütli dabei gewesen sein. «Ich hätte nie daran gedacht, die jungen Leute nach einer rechten oder linken Gesinnung zu fragen», sagt der Mann. «Mir geht es um meinen Zins und nicht um Politik. Nur weil mir ihr nicht passt, kann ich sie nicht rauswerfen.» Die Bandproben scheinen kaum Lärm zu verursachen, wie eine Umfrage bei den Liegenschaftsbesitzern in der Nachbarschaft zeigt. Einzig der Vermieter hört ab und zu die elektrische Gitarre, die ihn aber überhaupt nicht störe. Der 83-jährige Liegenschaftsbesitzer ortet keinen Handlungsbedarf: «Solange die jungen Leute nicht randalieren, Drogen konsumieren oder Probleme verursachen, sehe ich keinen Grund, den Mietvertrag zu kündigen.»

Einige Fragen bleiben offen: Hat sich in der alten Fabrik ein neuer Treffpunkt der Rechtsextremen aus dem Oberaargau und Emmental gebildet? Probt hier wirklich die rechtsextreme Band «Indiziert», die bereits in Burgdorf und Hindelbank des Feldes verwiesen wurde? Und was kann die Gemeinde unternehmen, wenn ihre Befürchtungen wahr werden? (cl)