Neonazis dürfen Offiziere bleiben

SonntagsZeitung

Der angekündigte Karriereknick für Rechtsextreme in der Armee bleibt aus

BERN · Im August verkündete das Verteidigungsdepartement (VBS), es werde Neonazis in der Armee überprüfen. Doch an der bisherigen Praxis gegenüber rechtsextremistischen militärischen Vorgesetzten hat sich nichts geändert.

Am 1. August war VBS-Chef Samuel Schmid auf dem Rütli von rund 800 Rechtsextremisten ausgebuht und beschimpft worden. Mitte August kündigte das VBS an, es werde die Rechtsextremisten in der Armee überprüfen. Die Armee wolle nicht, «dass Leute mit einer solchen Gesinnung befördert werden, eine Kaderposition einnehmen und so ihre Denkhaltung weiterverbreiten können», erklärte VBS-Sprecher Kaj-Gunnard Sievert damals.

Doch nun wird deutlich: An der nachsichtigen Praxis gegenüber rechtsextremistischen Offizieren und Unteroffizieren hat sich nichts geändert. Gegen Neonazi-Armeeangehörige würden, so erläutert Armeesprecher Felix Endrich, nur dann «Massnahmen ergriffen, wenn sie straffällig werden, wenn Strafuntersuchungen im Gange sind oder wenn sie während Militärdienstleistungen strafbare Handlungen begehen».

Und selbst das nicht immer. Dies bestätigt der Fall des 23-jährigen Oberleutnants Jonas G. Vor einem Jahr attackierte der Offizier zusammen mit rund 20 weiteren Rechtsextremisten im luzernischen Willisau Teilnehmer einer bewilligten antifaschistischen Kundgebung. Im Sommer dieses Jahres verurteilte das Amtsstatthalteramt Willisau Jonas G. zu zwei Monaten Gefängnis bedingt. Doch G. bleibt Oberleutnant, wie Endrich bestätigt. Er sei aber «nicht für eine Weiterausbildung vorgesehen».

Jonas G. ist nicht der einzige rechtsextremistische Oberleutnant. Im Herbst 2003 wollte der damals 21-jährige Ralph Aschwanden in den Nationalrat, als einziger Kandidat auf der Liste der Pnos, der Partei National Orientierter Schweizer. Damals absolvierte Aschwanden die Unteroffiziersschule. Inzwischen wurde er zum Oberleutnant befördert, wie das VBS bestätigt.

Die militärische Karriere von weiteren Rechtsextremisten wurde erst abgebrochen, nachdem sie den Vorschlag zum Weitermachen erhalten hatten. Der Burgdorfer Alex R., Mitglied der Neonazi-Band Indiziert, kassierte letzten Herbst wegen mehrerer Attacken gegen Linke respektive Türken eine bedingte Gefängnisstrafe. Erst da wurde er aus der Unteroffiziersschule entlassen und aus der Armee ausgeschlossen.

Noch nicht ausgeschlossen ist Andreas S., 20, der zusammen mit sechs Gesinnungsfreunden im Frühling 2003 in Frauenfeld einen 15-Jährigen dermassen zusammenschlug, dass dieser lebenslänglich behindert sein wird. Erst als Unteroffiziersanwärter Andreas S. seinen Vorgesetzten vom anrückenden Gerichtstermin berichten musste, wurde er aus dem Kaderkurs und später vorzeitig aus der RS entlassen. Ein definitiver Entscheid wird erst nach Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils fallen. Hans Stutz

Trotz Verurteilung: Jonas G. bleibt Oberleutnant

Anwärterschule: Rauswurf

Vor rund zwei Wochen hat der Schulkommandant der Infanterie-Anwärterschule 10 in der Kaserne Reppischtal einen Unteroffiziersanwärter entlassen. Dies bestätigt Armeesprecher Felix Endrich. Der Anwärter habe sich mit der Zugehörigkeit zur rechtsextremen Szene gebrüstet und ein T-Shirt mit rechtsextremistischen Aufdrucken getragen. Einige Klassenkameraden meldeten dieses Verhalten beim Schulkommandanten. Dieser handelte umgehend: Der Rechtsextremist wurde administrativ aus der Schule gewiesen, nicht jedoch aus der Armee entlassen. Ein endgültiger Entscheid darüber wird nach weiteren Abklärungen fallen.