Mit Fernhalteverügungen gegen Gewalt

Bund

Der Burgdorfer Gemeinderat will Gewalttätern künftig eine Zeit lang den Zugang zu gewissen Stadtteilen verwehren

Der Angriff Rechtsextremer auf eine Burgdorfer Familie von Ende April hat Folgen: Künftig müssen Gewalttäter mit einer Fernhalteverfügung des Gemeinderats rechnen. Ob sie sich daran halten, ist allerdings schwer zu kontrollieren.
stefan von below

„Wir waren zum Handeln gezwungen“, sagte der Burgdorfer Stadtpräsident Franz Haldimann (svp) gestern zum „Bund“. „Wir sind eine friedliche Stadt und wollen das auch bleiben.“ Um dieses Ziel zu erreichen, will der Gemeinderat künftig bei Bedarf von einer Bestimmung im Polizeigesetz Gebrauch machen, die erst seit einem Jahr in Kraft ist. Demnach kann die Polizei „Personen von einem Ort vorübergehend wegweisen oder fern halten, wenn sie eine oder mehrere andere Personen in der psychischen, physischen oder sexuellen Integrität gefährden oder ernsthaft drohen, jene an Leib und Leben zu verletzen“. Die erste solche Fernhalteverfügung will der Gemeinderat gegen einen der rechtsextremen Jugendlichen erlassen, die Ende April eine Burgdorfer Familie in der Oberstadt verprügelt haben (der „Bund“ berichtete). Näheres zum hängigen Verfahren wollten die Behörden gestern nicht bekannt geben.

Erste Gemeinde im Kanton

Seines Wissens sei Burgdorf die erste Gemeinde, in der die neue Gesetzesbestimmung angewendet werde, sagt Stadtschreiber Roman Schenk. Deshalb sei die Interpretation des Artikels mit einigen Tücken verbunden. Begriffe wie „vorübergehend“, „in der Integrität gefährden“ oder „ernsthaft drohen“ seien klärungsbedürftig. Dabei stütze sich der Gemeinderat mangels Erfahrung vor allem auf den Vortrag des Regierungsrats an den Grossen Rat zur Gesetzesänderung. Klar sei, dass er die Fernhalteverfügung nicht unbefristet erlassen könne – dazu wäre höchstens ein Richter in der Lage.

Laut Haldimann will der Gemeinderat mit einem Plan festlegen, für welche Stadtgebiete die Fernhalteverfügungen gelten sollen. Im Vordergrund stehe dabei die Oberstadt, wo Gewalttaten erfahrungsgemäss am häufigsten vorkommen. Die Verfügung könne sich aber auch auf andere Gebiete beziehen. Als Voraussetzung genüge es, wenn die Gefährdung „glaubhaft gemacht werden kann“, fügt Jurist Schenk hinzu. „Ein Beweis ist dazu nicht nötig.“

Wirtsleute werden informiert

Der Stadtschreiber verspricht sich von der Massnahme in erster Linie eine präventive Wirkung. „Wer eine solche Verfügung erhält, dem ist es unter Strafandrohung verboten, das fragliche Gebiet zu betreten.“ Ob sich die Betroffenen daran halten, sei jedoch kaum zu kontrollieren. „Die Polizei kann höchstens stichprobenweise Ausweiskontrollen durchführen.ï“ Dem Gemeinderat sei klar, dass eine lückenlose Kontrolle nicht möglich sei, sagt Haldimann. Dank der vermehrten Patrouillentätigkeit der Polizei und der Information an die Wirtsleute steige aber die Chance, dass ein Verstoss gegen die Verfügung entdeckt werde.

Der Griff zum Mittel der Fernhalteverfügungen ist nicht die einzige Folge des Angriffs von Ende April. Letztes Wochenende nahmen rund 500 Personen an einer Kundgebung gegen Rassismus und Gewalt teil, und auch die Plakate der Aktion „Courage“ wurden wieder aufgehängt. Ferner möchte der Gemeinderat alle von der Gewaltproblematik betroffenen Personen und Institutionen unter Leitung des Psychologen Allan Guggenbühl an einen Tisch holen und nach weiteren Massnahmen suchen. Das werde aber voraussichtlich erst nach den Sommerferien geschehen, sagt Haldimann. „So etwas muss gut vorbereitet sein.“