«Luzerner Polizei hat sich klug verhalten»

Die Partei national orientierter Schweizer (Pnos) hat am Samstag in Willisau ein Konzert veranstaltet, zu dem rund 150 Personen erschienen sind (Ausgaben von gestern und Sonntag). Im Vorfeld war unklar gewesen, wo die Veranstaltung stattfinden sollte: Schon Tage zuvor hatte die Kantonspolizei St. Gallen präventiv ein entsprechendes Verbot für den ganzen Kanton ausgesprochen – dies wohl vor dem Hintergrund des Vorfalles vom letzten Oktober, als 5000 Personen zu einem Rechtsrockkonzert aufmarschiert sind.

Auch die Kantonspolizei Aargau beschäftigte sich schon im Vorfeld mit dem Anlass. Wie Bernhard Graser, Sprecher der Kantonspolizei Aargau, erklärt, habe es schon seit einiger Zeit Hinweise auf ein derartiges Konzert gegeben. «Der Treffpunkt war aber lange Zeit unklar», sagt er auf Anfrage unserer Zeitung. Die Polizei habe aber damit rechnen müssen, dass der Kanton Aargau eventueller Veranstaltungsort sein könnte. «Wir konnten uns dementsprechend vorbereiten», so Graser. Am Samstag diente dann tatsächlich die Gemeinde Rothrist AG als Treffpunkt. Die Aargauer Polizei wies die Rechten weg, woraufhin sie sich auf den Weg in den Kanton Luzern begaben – eben nach Willisau. Die Luzerner Polizei wiederum liess die Geschehnisse vonstattengehen und schob nicht konsequent den Riegel. «Solange ein Anlass keine Gesetze verletzt und Sicherheit und Ordnung nicht tangiert werden, gibt es keinen Grund für ein Verbot oder für ein Einschreiten», sagt dazu der Sprecher der Luzerner Polizei, Kurt Graf.

Juso fordert Verbot von Konzerten

Eine Position, die nun hinterfragt wird. Konkret macht dies die SP-Fraktion im Luzerner Kantonsrat mit einer Dringlichen Anfrage (siehe Box). Unter anderem will sie von der Regierung wissen, ob ein flächendeckendes Verbot solcher Veranstaltungen in Erwägung gezogen werde.

Die Antwort auf diese Frage vorweg nimmt die Juso des Kantons Luzern: Sie fordert «die künftige Unterbindung von rechtsextremen Konzertveranstaltungen im Kanton Luzern», wie sie in einer Mitteilung schreibt. Weiter heisst es darin: «Die Polizei war am vergangenen Samstag zwar vor Ort, ist aber nicht eingeschritten, um die Versammlungsfreiheit nicht zu gefährden.» Rassismus und fremdenfeindlicher Hass hätten indes nichts mit Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu tun.

Anderer Meinung ist Samuel Althof. «Das Verhalten der Luzerner Polizei finde ich sinnvoll. Es war eine kluge Lösung, ab­zuwarten, zu beobachten und bei Bedarf einzugreifen», sagt der Leiter der Fachstelle für Extremismus und Gewaltprävention mit Sitz im baselländischen Oberwil. Nicht nur gelte in der Schweiz Versammlungsfreiheit, die Pnos sei auch eine legale Organisation, so Althof. Dies ist für ihn ein wichtiger Grund, weshalb der Anlass nicht verboten gehört hat: «Die Versammlungsfreiheit ist ein sehr hohes und zu schützendes Gut. Ich befürworte eine unnötige Einengung der Versammlungsfreiheit nicht.»

«Zu wenig Rückhalt bei den Stimmbürgern

Für den Rassismus-Experten Althof wird um das Konzert in Willisau fast zu viel Aufhebens gemacht – und auch um die Organisation selbst: «Denn politisch ist die Pnos völlig unbedeutend.» Der Grund für das Konzert illustriere dies: Die Pnos wollte mit der Veranstaltung nämlich Geld beschaffen, um damit ein Parteihaus anzumieten. Das Konzert­ticket kostete gemäss Plakat 35 Franken. Althof erklärt: «Das zeigt, dass es für die Partei wichtiger ist, einen Versammlungsort zu haben, als für politische Ämter zu kandidieren.» Für Letzteres habe sie zu wenig Ressourcen und auch kein wählbares Personal. Althof weiter: «Sie hat zu wenig Kraft und zu wenig Rückhalt bei den Stimmbürgern – und das weiss die Pnos-Führung auch.»

Beim Konzert in Willisau sollten laut Flyer die italienische Band Bronson, der deutsche Rapper Makss Damage sowie Gixu und die Eidgenossen auftreten. Bronson gilt als Band mit rechtsradikalem Gedankengut und Makss Damage ist in Deutschland wegen Volksverhetzung vorbestraft. Und auch hinter dem Namen Gixu versteckt sich kein Unbekannter: Dominic Lüthard. Er ist Präsident der Pnos und war früher Sänger der Rechtsrockband Indiziert.

Die Polizei wollte namentlich Auftritte von Bronson und Makks Damage verhindern. Kurt Graf sagt dazu: «Gegen 23 Uhr bestand der Verdacht, die Band Bronson könnte aufspielen. Eine sofortige Kontrolle im Lokal konnte den Verdacht nicht erhärten. Die Bühne war leer.» Aufgegriffen hat die Polizei im Laufe ihres Einsatzes in Willisau allerdings eine Person, die mit einer Einreisesperre belegt ist. «Diese Person musste die Schweiz verlassen», so Graf.

Ob die Künstler trotz der Polizeikontrolle in irgendeiner Form aufgetreten sind oder nicht, bleibt vorerst unklar. Interessant: Auf Facebook postete Bronson am Sonntag ein Bild, das die fünfköpfige Band im Willisauer Lokal zeigen soll. Auf dem Foto ausserdem zu sehen: Makss Damage. Die Vermutung liegt darum nahe, dass der Rapper und die Band in Willisau waren. Laut Polizei ist es aber völlig ausgeschlossen, dass der Rapper und Bronson kurz vor, während oder nach dem Konzert zusammen auf einem Bild hätten posieren können.

Prüft Luzern ein Verbot?

Das von der rechtsradikalen ParteiPnos veranstaltete Konzert vomletzten Samstag in Willisau ruftnun auch die Politik auf den Plan.Die SP-Fraktion im Luzerner Kantonsrathat eine Dringliche Anfrageeingereicht. Darin will sie vomRegierungsrat unter anderemwissen, ob bei der Veranstaltungeine strafbare Handlung vorlag.Weiter fragt die SP-Fraktion, wannund was die Polizei im Vorfeld undwährend eines solchen Anlassesunternehmen kann oder muss.Ebenso will sie wissen, ob die Regierungwie der Kanton St. Gallenein flächendeckendes Verbot inBetracht zieht. (red)

«Politisch ist die Pnos völlig unbedeutend.»

Samuel Althof

Experte für Rassismusfragen