Kapo St.Gallen verhindert Treffen von Rechtsextremen dank neuem Artikel in Polizeigesetz: «Möglich, dass der Veranstalter deshalb in den Kanton Zürich ausgewichen ist»

St.Galler Tagbéatt. Mehrere Dutzend Rechtsextreme wollten sich am Samstag in Kaltbrunn zu einem Konzert treffen. Die Kantonspolizei St.Gallen konnte die Veranstaltung allerdings dank einem neuen Artikel im Polizeigesetz verbieten. Ein Zusammenhang mit den Rechtsextremen, die am Samstag in Rüti (ZH) aufmarschierten, schliesst die Polizei nicht aus.

Am Freitag, 17. Juni, erhielt die Kantonspolizei St.Gallen einen Hinweis darauf, dass am Samstag ein Treffen und womöglich auch ein Konzert eines rechtsextremen Netzwerks im Kanton stattfinden sollte. «Wir haben daraufhin umgehend unter einem enorm hohen Mitteleinsatz Ermittlungen eingeleitet», sagt Hanspeter Krüsi, Polizeisprecher Kantonspolizei St.Gallen. Diese ergaben, dass die Veranstalter des rechtsextremen Treffens ein Lokal in Kaltbrunn angemietet hatten.

Der Vermieter dieses Lokals habe sich sehr kooperativ gezeigt. Er sei nicht darüber aufgeklärt gewesen, dass es sich bei den Mietenden um Mitglieder einer extremistischen Vereinigung gehandelt habe. Krüsi rät Vermieterinnen und Vermietern stets eine Kopie des Ausweises und genaue Angaben zur geplanten Veranstaltung zu verlangen. Auch um eine Assoziation des eigenen Lokals mit rechtsextremen Kreisen zu verhindern.

St.Galler Gesetzesnachtrag verhinderte erstmals Rechtsextremen-Treffen

Der Mietvertrag mit der rechtsextremen Gruppierung wurde vom Vermieter sofort annulliert. Ausserdem sprach die Kantonspolizei St.Gallen ein Veranstaltungsverbot im gesamten Kanton gegen den Veranstalter aus. Dabei kam erstmals der Nachtrag Art. 50quarter zum Polizeigesetz zum Zug.

Dieser wurde als Reaktion auf einen ähnlichen Vorfall im Kanton St.Gallen im Sommer 2020 in Kraft gesetzt. Im Oktober 2016 pilgerten über 5000 Rechtsextreme aus halb Europa nach Unterwasser für ein Rechtsrock-Konzert. Es handelte sich um einen der grössten Neonazi-Aufmärsche, der je in der Schweiz stattfand.

Der Polizei waren damals allerdings die Hände gebunden. Die Veranstaltung verfügte über eine Bewilligung, wenn diese auch unter falschen Angaben erteilt wurde. Der St.Galler Polizeidirektor Fredy Fässler schickte deshalb einen Gesetzesnachtrag auf den Weg, der für die Schweiz ein Novum bedeutete. Er sollte es der Polizei ermöglichen, ein Veranstaltungsverbot auszusprechen, wenn die demokratische und rechtsstaatliche Grundordnung oder das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung durch diese massgeblich beeinträchtigt wird.

Zusammenhang mit Aufmarsch in Rüti (ZH) möglich

Am Samstag konnte das Gesetz nun erstmals angewendet werden, da beide Bedingungen im Falle des geplanten Rechtsextremen-Fests in Kaltbrunn erfüllt gewesen seien, sagt Polizeisprecher Krüsi und fügt exemplarisch an:

«An solchen Veranstaltungen werden fremdenfeindliche Parolen gesungen und verbreitet.»

Die Kantonspolizei St.Gallen geht davon aus, dass mehrere Dutzend Personen aus der Schweiz und Deutschland für das Treffen hatten anreisen wollen. Abgesehen vom Veranstaltungsverbot seien allerdings keine weiteren Konsequenzen auf Veranstalter, Mitglieder oder Teilnehmende zugekommen.

Auch in Rüti im Kanton Zürich fand am Samstag eine Party von Rechtsextremen statt. Unter falschen Angaben mieteten über 50 Personen eine Waldhütte. Die Kantonspolizei Zürich führte eine Grosskontrolle durch und wies rund zwei Dutzend Personen weg. Krüsi sagt:

«Es ist gut möglich, dass der Veranstalter in den Kanton Zürich ausgewichen ist, nachdem wir unser Verbot ausgesprochen haben.»

Solche Veranstalter würden sich oftmals mehrere Austragungsorte suchen, um sich alle Optionen offenzuhalten. Ein Gesetz wie im Kanton St.Gallen gibt es im Nachbarkanton nämlich nicht.

«Kanton St.Gallen hat kein Rechtsextremismus-Problem»

Kaltbrunn wurde nicht zum ersten Mal von Rechtsextremen besucht. Ebenfalls im Oktober 2016 fand im Restaurant Löwen ein Anlass der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) statt. Die Veranstaltung löste damals einen grösseren Polizeieinsatz aus.

Die Kantonspolizei St.Gallen stand danach in der Kritik, mit der damals geladenen Band Flank einen «Deal» eingegangen zu sein. Gemäss PNOS habe die Polizei der Band angeboten, ihr Konzert fertigzuspielen, bevor sie aufgrund einer Einreisesperre eines Bandmitglieds ausgewiesen wurde. Diese Vereinbarung habe man gerne angenommen.

Die Kantonspolizei St.Gallen reagierte auf diesen Vorwurf mit einer Richtigstellung: Obwohl die Grenzbehörden über das kurzfristig verfügte Einreiseverbot informiert gewesen waren, sei es dem Bandmitglied gelungen, unkontrolliert und unerkannt in die Schweiz einzureisen. «Aus Gründen der Verhältnismässigkeit im Rahmen des Gesamteinsatzes entschied sich die Kantonspolizei St.Gallen, dem Mann erst nach seinem Auftritt das Einreiseverbot auszuhändigen», hiess es weiter. Unmittelbar nach dem Konzert sei der Mann von der Polizei über die Grenze geleitet worden.

Obwohl die Region damit bereits mehrfach von Rechtsextremen erwählt wurde, um ihre Parolen zu verbreiten und sich zu vernetzen, sagt Polizeisprecher Hanspeter Krüsi klar:

«Wir haben im Kanton St.Gallen kein Problem mit Rechtsextremismus.»

Es gäbe im ganzen Kanton nur einige wenige problematische Personen, die der Polizei allerdings bekannt seien.