Juristisches Nachspiel

Walliser Bote: Das Rechtsrock-Konzert mit 5000 Besuchern in Unterwasser SG vom vergangenen Wochenende hat ein juristisches Nachspiel. Die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) zeigt die Veranstalter und die Bands wegen Rassismus an.

Die Anzeige wegen Rassismus gemäss Artikel 261 bis des Strafgesetzbuchs sei der St. Galler Staatsanwaltschaft eingereicht worden, teilte die Stiftung am Dienstag mit. Sie richtet sich gegen die Schweizer Band «Amok», die deutschen Gruppen «Stahlgewitter», «Confident of Victory», «Excess», «Frontalkraft», die in Unterwasser auftraten, und gegen die Organisatoren des Konzerts.

Die Öffentlichkeit des Grossanlasses im Toggenburg sei mit 5000 Teilnehmern sicher gegeben, sagte der GRA-Präsident Ronnie Bernheim der Nachrichtenagentur sda. Öffentlichkeit ist eine Voraussetzung dafür, dass Rassismus in der Schweiz bestraft wird. Die St. Galler Polizei hatte das Konzert als privaten Anlass bezeichnet.

Die Stiftung gegen Rassismus will sicherstellen, dass die Behörden mögliche Verletzungen des Rassismusartikels prüfen. «Wir haben keine Beweise», sagte Bernheim. Dies sei Sache der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Eine Strafuntersuchung wäre «ein wichtiges Signal ans Ausland und an die Schweizer Rechtsextremen-Szene».

Paradies für Neonazis

Auf jeden Fall müssten aus dem Event in Unterwasser Lehren gezogen werden, erklärte der GRA-Präsident. Die Grösse des Anlasses sei erschreckend. Die Schweiz sei heute «ein Paradies für Neonazi-Aktivitäten». Die St. Galler Kantonspolizei und die Gemeinde Wildhaus-Alt St. Johann, zu der Unterwasser gehört, waren vom Grossaufmarsch der Rechtsextremen am vergangenen Samstag überrumpelt worden. Der Polizei und dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) war zwar seit längerem bekannt, dass im Raum Bodensee ein Rechtsrock-Konzert geplant war.

Den genauen Ort hatten sie aber nicht herausgefunden. Die Konzertbesucher, die aus halb Europa anreisten, wurden vom Treffpunkt Ulm kurzfristig nach Unterwasser geleitet. Die St. Galler Polizei erfuhr laut ihrem Sprecher Gian Rezzoli den Ort des Konzerts erst, als die Besucher mit Cars und Privatautos in Unterwasser eintrafen.

Naive Behörden

Gemeindepräsident Rolf Züllig räumte nach dem Konzert eine «gewisse Naivität» ein. Man habe den Anlass aufgrund falscher Angaben der Veranstalter bewilligt. Diese hätten ein Konzert mit Schweizer Nachwuchsbands und 600 bis 800 Besuchern angekündigt. Laut Züllig prüft die Gemeinde rechtliche Schritte gegen die Veranstalter.

Auch im St. Galler Kantonsrat gibt die Sache zu Reden: SP und Grüne wollen in einer einfachen Anfrage von der Regierung wissen, welche Massnahmen notwendig seien, «damit solche Neonazi-Konzerte, die mit den Werten der schweizerischen Gesellschaft nicht vereinbar sind, in Zukunft verhindert werden können».

Kritisch hinterfragt wird, warum die Polizei das Konzert als private Veranstaltung eingeordnet habe. Weiter verlangen SP und Grüne eine Erklärung dafür, weshalb die Polizei auf ein Betreten der Konzerthalle verzichtete, «obwohl sie davon ausgehen konnte, dass die Gefahr strafrechtlicher Handlungen bestand».

Der Anlass in Unterwasser war am Dienstag auch Thema in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates (SiK). Nachrichtendienstchef Markus Seiler nahm Stellung.

Einzelheiten gab sie nicht bekannt, doch hatten sich diese bereits verbreitet. In einer Mitteilung schreibt die Kommission, sie habe gegen Ende ihrer Sitzung erfahren, dass innert kürzester Zeit vertrauliche Informationen an die Medien gelangt seien. Diese Indiskretionen seien streng kritisiert worden. Eichenberger will Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses einreichen.

Kommissionsmitglied Jakob Büchler (CVP/SG) sagte auf Anfrage, Seilers Angaben hätten sich nicht von jenen der Kantonspolizei St. Gallen unterschieden. Er geht davon aus, dass die Veranstaltung verhindert worden wäre, wenn es eine rechtliche Grundlage dafür gegeben hätte. Büchler will nun abklären, ob eine rechtliche Lücke besteht. Er zieht in Betracht, in der nächsten Session einen parlamentarischen Vorstoss einzureichen.