In Uznach wird geschwiegen

Obersee Nachrichten: Im Uzner Wahlkampf ist Pfeffer drin. Ausgelöst durch die ON. Das überfordert einige der Beteiligten.

Am 29. Februar um 21.19 Uhr geschah im kühlen Schulhaus Haslen etwas Erstaunliches, wie nebenstehendes Foto der ON belegt. Peter Müller, einem der beiden Kandidaten für das Gemeindepräsidium, lief plötzlich der Schweiss in Bächen über Stirn, Wange und Hals.

Ausgelöst hatte das die Frage des Moderators Dr. jur. Bruno Glaus: «Herr Müller, warum ist auf Ihrer Webseite das Bild des Kriegsverbrechers Josef Goebbels zu sehen und warum werden Nazigrössen im Originalton zitiert?» Müllers Erklärung zu dieser Frage war diffus. Die Kernaussage: Er sei Militärhistoriker.

Kraut und Rüben vermischt

Drei Tage später erschien der Artikel in den ON zum «eigenartigen beruflichen Umfeld» von Peter Müller und dass er sich bisher nicht «von seinen Autoren aus dem Nazi-Umfeld» distanziert hatte.

Lokale Medien nahmen den ON-Bericht nicht überall mit der nötigen Sorgfalt auf. So schrieb die «Zürichsee-Zeitung» unter «Bizarrer Vorwurf», Müller sei laut ON ein «Nazi- und Hitler-Sympathisant». Aussagen, die die ON nie gemacht haben.

In der «Südostschweiz» hiess es entschuldigend, dass auch Helmut Schmidt ein Hitlerjunge gewesen sei wie einer der Autoren von Müller, und Schmidt trotzdem deutscher Bundeskanzler werden konnte.

Die Journalisten hatten die Webseite von Peter Müllers Verlag «History Facts» zu oberflächlich angeschaut, bevor sie schrieben.

Hitler-Protokolle frei Haus

Auf Müllers Webseite wird unter anderem angeboten: «Die kompletten Führerprotokolle Speers (Protokolle, die Speer nach den Besprechungen mit Hitler anfertigte) als Abschriften in elektronischer Form». Albert Speer war Hitlers Rüstungs- und Bauminister. Er musste als Kriegsverbrecher 20 Jahre ins Zuchthaus. Müller aber verkauft die Speer-Hitler-Dokumente an jeden, ohne Begleitinformationen.

Da drängt sich der Vergleich mit Hitlers «Mein Kampf» auf. Dieses Werk kann man seit zwei Monaten wieder legal kaufen. Der Unterschied: Das Hass-Buch wurde von Historikern mit 3500 Anmerkungen versehen, die fast jeden Satz des Massenmörders in einen historischen Zusammenhang stellen. Historiker Müller macht das nicht.

Unkritische Verbreitung

Nach den vorliegenden Informationen der ON ist Peter Müller kein Rechtsextremer, aber er verbreitet unkritisch Schriften über das Nazi-Reich.

Hans Stutz, Autor mit 30-jähriger Berufserfahrung als Spezialist für Rechtsextremismus, hat den Verlag von Peter Müller im Auftrag der ON unter die Lupe genommen. Er schreibt: «Wer ohne historische Einordnung unkritische Berichte von Zeitzeugen und ebenso unkritische Bücher über Waffen der Nazi-Wehrmacht veröffentlicht, wird seiner Aufgabe nicht gerecht.»

Peter Müller liefert keinen klaren Grund für sein Interesse an der Nazi-Zeit. Der «Südostschweiz» sagte Müller, weshalb er sich genau auf diese Epoche spezialisiert habe, sei «schwer zu erklären». Der Zeitung genügt das.

Goebbels fürs Marketing

Panzerbilder und Bilder von Nazigrössen zieren die Webseite. Die «Zürichsee-Zeitung» hat Müller dazu befragt und Müller sagte, es brauche Bilder, sonst werde die Seite nicht angeklickt.

Rechtsextremimus-Fachman Hans Stutz schreibt: «Wer unter dem Titel ‘Politische Einstellung’ kommentarlos ein Bild des ‘Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda, Dr. Joseph Goebbels’ publiziert, lässt das übliche Sensorium für Demokratie und Menschenrechte vermissen.»

Der Dieb von Holocaust-Schriften

Zurzeit sitzt Mansel Denton in den USA für acht Jahre im Gefängnis. Er hatte zwischen 2009 und 2011 total 17 000 Dokumente aus der Mazal Holocaust Bibliothek gestohlen und 10 000 davon im Internet verkauft.

Denton veröffentlichte 2009 in Müllers Verlag das Buch «Schlacht um Narva». In Müllers Team ist er weiterhin Autor. Müller sagt, er habe einen Vertrag mit Denton, der sei nicht ungültig, nur weil der Autor im Gefängnis sei. Dass in einem solchen Fall jeder Vertrag kündbar ist, ist für Müller scheinbar kein Thema.

Wahlausschuss mauert

Nach eigenen Angaben hat die Kandidaten-Findungs-Kommission Uznach Peter Müller zwei Stunden lang befragt, Referenzen und einen Strafauszug eingeholt. «Alles einwandfrei», sagte Kurt Hollenstein, SP-Präsident und Sprecher der Findungskommission, danach. Die ON wollten es genauer wissen und stellten Hollenstein Fragen: «Wurde das Verlagsangebot von Herrn Müller unter die Lupe genommen? Wurde Müller damit konfrontiert und was sagte er darauf?» Die Antwort der Findungskommission: «Wir sind nicht bereit, Ihnen Auskünfte über Bereiche unserer Arbeit zu geben, welche wir als schützenswert erachten.»

Peter Müller mauert

Der Bericht der ON von letzter Woche stützte sich auf vorliegende Fakten. Für diese Woche war ein Interview mit Peter Müller geplant. Ihm wurde zugesichert, dass er das ganze Interview vor der Veröffentlichung lesen kann. Die ON fragten nach seinem Interesse an der Hitler-Epoche, seinem Verständnis als Historiker, seinen Autoren oder was mit seinem Verlag nach einer allfälligen Wahl geschehen würde.

Müller lehnte das Interview ab. Auch einzelne Fragen wollte der Kandidat für das Gemeindepräsidium nicht beantworten. «Ich rede nur über Lokalpolitik», sagte Peter Müller den ON.

Noch vor zehn Tagen hatte Müller im Schulhaus Haslen erklärt, dass er kaum über Lokales reden könne. Schliesslich lebe er zurzeit in Andelfingen.