Im Visier der Nachrichtendienste

Thurgauer Zeitung vom 14.12.2012

Die Thurgauer Band Vargr i Veum tritt an rechtsextremen Veranstaltungen in Süddeutschland auf. Die Band wird von der Kantonspolizei dem rechten Spektrum zugeordnet. Dem deutschen Verfassungsschutz ist die Band ebenfalls bekannt.

INGE STAUB

FRAUENFELD. Wie gefährlich ist die Thurgauer Band Vargr i Veum? Handelt es sich bei der Gruppe um eine harmlose Formation, die ein Faible für nordische Mythen hat? Recherchen unserer Zeitung belegen: Die Band bewegt sich in einem rechtsextremen, grenzüberschreitenden Netzwerk.

Das Konzert, das die Band am Samstag in Riedt bei Erlen gab, war nicht ihr erster Auftritt im Thurgau. Vargr i Veum wurde 2005 gegründet. Die Musiker mieteten im Teigi-Areal in Kradolf ein Probelokal, wo sie bis vor zwei Jahren regelmässig Proben und Feste abhielten. Unter anderem feierten sie 2008 die Taufe ihrer CD. 2010 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis, nachdem bekannt wurde, dass sich die rechtsextreme Szene im Teigi-Areal traf.

Polizei kennt Bandmitglieder

Die Kantonspolizei Thurgau hat dort über Jahre regelmässige Personen- und Fahrzeugkontrollen durchgeführt. Die Kantonspolizei weiss also, dass die Band im rechten Spektrum anzusiedeln ist. Wie Informationschef Andy Theler mitteilt, hat die Kantonspolizei Kenntnis von den Konzerten der Band im Thurgau und weiss, wer zur Band und deren Umfeld gehört. Die Kantonspolizei Thurgau duldet keine Verstösse gegen das Antirassismusgesetz, betont Theler. Bislang habe die Kantonspolizei bei öffentlichen Konzerten der Band im Thurgau keine Gesetzesverstösse festgestellt. Die Kantonspolizei begleite aber die Auftritte im Thurgau, so auch am vergangenen Samstag in Erlen. Die Band-Mitglieder treten jeweils anonym auf.

Zwar handeln die Texte von Vargr i Veum von nordischen Sagen und Mythen. Doch bedienen sich Rechtsextreme, wie die Österreichische Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung erforscht hat, seit geraumer Zeit der nordischen Mythologie. Dies liege am heroisch-kriegerischen Aspekt dieser Mythen. «Es sind Begriffe wie Ehre, Mut, Stolz, Kampf und Stärke, die den Inhalten der nordischen Mythologie entsprechen und somit für die hohe Anziehungskraft des altnordischen Glaubens auf viele Rechtsextremisten verantwortlich sind.»

Die Kantonspolizei Thurgau arbeitet bei der Überprüfung von extremen Gruppierungen mit dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) zusammen. Dieser überprüft unter anderem, ob eine Gruppe zu Gewalt aufruft oder Gewalt androht, wie NDB-Sprecher Felix Endrich bestätigt. Der NDB gibt keine Auskunft darüber, wen er auf dem Radar hat.

Gehören zu Hammerskins

Auskunftsfreudiger sind die deutschen Behörden. Vargr i Veum wird vom Bayrischen Landesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistische Band eingestuft. «Alle vier Mitglieder der Band sind hier als Rechtsextremisten bekannt», teilt das Landesamt mit. Ein Teil der Mitglieder gehöre den Hammerskins an, einer weltweit aktiven Skinhead-Organisation, die sich auf die nordisch-weisse Rasse beruft.

«Diese Band ist uns bekannt», heisst es auch beim Verfassungsschutz der Bundesrepublik Deutschland. Vargr i Veum wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft, weil die Band ihre CD über das rechtsextreme Label PC Records vertreibt und weil sie sich in der rechtsextremen Szene bewegt. Ins Visier der deutschen Behörden ist die Thurgauer Band geraten, weil sie in Bayern und Baden-Württemberg an rechtsextremen Veranstaltungen auftritt. In diesem Jahr wurden zwei Auftritte im Allgäu registriert. Veranstalter war beides Mal die Skinheadgruppe «Voice of Anger», die vom Verfassungsschutz als «aggressiv» eingestuft wird.

Musik für Neonazis

Aus einer Liste, die im Auftrag des Bayrischen Landtages erstellt worden ist, geht hervor, dass Vargr i Veum an einer privaten Feier von Norman Kempken in Franken aufgetreten ist. Norman Kempken ist Aktivist beim Freien Netz Süd. Das Freie Netz Süd ist laut Verfassungsschutz «mit etwa 20 Gruppierungen und etwa 100 bis 150 Anhängern das grösste und schlagkräftigste neonazistische Netzwerk in Bayern».

Diesem Netzwerk gehört auch Norman Bordin an. Dieser Mann zählt zu den führenden Neonazis in Süddeutschland. Er steht im Verdacht, mit der Zwickauer Terrorzelle «Nationalsozialistischer Untergrund», NSU, zu sympathisieren. Dieser werden zehn Morde an Menschen auch ausländischer Herkunft zur Last gelegt. Der Bayrische Rundfunk präsentierte in der Sendung «quer» ein Papier des italienischen Geheimdienstes, aus dem hervorgeht, dass Norman Bordin die Strategie des NSU nach Südtirol exportieren wollte. Er habe sich mit «Kameraden» in Südtirol getroffen, um Anschläge vorzubereiten.