Im Keller mit bösen Buben

Der Landbote: FilmFestival Ulrich Seidl zeigt am Zurich Film Festival an einer Gala die eher unglamourösen Seiten Österreichs.

Der österreichische Filmemacher Ulrich Seidl («Paradies: Liebe») steigt in seinem Dokumentarfilm «Im Keller», der in Zürich ausser Konkurrenz lief, hinab in die Parallelwelten seiner Landsleute. Neben Partyräumen fördert er schiesswütige Opernsänger, Neonazis und Sadomaso-Fans zutage – das ist unterhaltsam und verstörend zugleich.

«Wenn man ‹Keller› hört, denkt man natürlich sofort an die Verbrechen, die stattgefunden haben und wahrscheinlich überall auf dieser Welt immer wieder stattfinden und stattfinden werden», sagt Seidl. «Der Film ist ein Bruchteil der Wirklichkeit. Ich glaube, man erahnt, dass es vieles gibt, was noch schlimmer ist.» Keller seien ein Ort der Angst – gleichzeitig aber auch ein Ort der Freizeit. «Viele Menschen gehen in den Keller, wenn sie so sein wollen, wie sie sind. Sie betreiben dort alle Möglichkeiten von Liebeleien und Obsessionen.»

Verborgene Welt

Seidl zeigt dann auch Waschküchen, Partyräume und eine mit viel Liebe zum Detail erbaute Modelleisenbahn-Welt. Doch gewöhnliche Kellernutzungen interessieren den Regisseur weniger. Denn der Reiz besteht darin, Welten und Lebensentwürfe zu entdecken, die einem sonst eher verborgen bleiben. So liegt Seidls Schwerpunkt bei den absonderlichen Hobbys und Geheimnissen seiner Mitmenschen: eine Frau, die im Keller ihre Babypuppen liebkost. Ein Mann, der sich mit seinen Freunden in seinen unterirdischen Räumen voll von Nazi-Devotionalien trifft. Ein Waffennarr, der in einem riesigen Kellerareal einen Schiessstand hat – und zwischendurch Opernarien trällert.

Seidl ist am Filmfestival in Zürich nicht nur hinter der Kamera vertreten. Im schweizerisch-österreichischen Dokumentarfilm «Ulrich Seidl – A Director at Work» porträtiert Constantin Wulff den Filmemacher. sda