Drei bis sieben Monate Freiheitsstrafe für Rechtsextreme

Liechtensteiner Vaterland vom 6.2.2010

Acht junge Männer befand das Landgericht gestern für schuldig, Mitglied einer Gruppe gewesen zu sein, die Rassendiskriminierung gefördert hat. Sie hätten die vorgefasste Gesinnung von sich selbst und diejenige enger Bekannter gefestigt.

Richard Brunhart

Das Landgericht musste gestern nach zwei Verhandlungstagen in einer rechtlich umstrittenen Frage ein Urteil fällen. Und voraussichtlich werden sich noch mehrere Instanzen damit befassen müssen: Einige der sieben Verteidiger kündigten umgehend nach der Urteilsverkündigung an, in Berufung zu gehen.

Fraglich war, ob es strafbar ist, Mitglied einer Vereinigung zu sein, die Rassendiskriminierung fördert, sich dabei aber nicht an die Öffentlichkeit wendet. Ein Verteidiger stellte klar, dass Privatsphäre und Versammlungsfreiheit hohe Güter sind und Liechtenstein kein Gesinnungsstrafrecht kennt. So heisst es im Strafgesetzbuch beispielsweise ausdrücklich, zu bestrafen sei, «wer öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufreizt».

Öffentlichkeit nicht notwendig

Den Angeklagten wurde vorgeworfen, «sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt» zu haben, «deren Tätigkeit darin besteht, Rassendiskriminierung zu fördern oder dazu aufzureizen». Dass sich die Gruppe an die Öffentlichkeit wenden muss, wird nicht explizit erwähnt und ist nach Ansicht des Gerichts auch nicht nötig. Der Verein, dem die Angeklagten angehörten, habe dazu gedient, Rassendiskriminierung zu fördern, erklärte der vorsitzende Richter.

Nicht nur die vorgefasste Meinung der Mitglieder hätten sie gefestigt – auch diejenige von Bekannten mit ähnlicher Gesinnung. Einige Bekannte wurden in einen von den acht Angeklagten gemeinsam gemieteten und mit rassendiskriminierenden Symbolen ausgestatteten Raum eingeladen. Unter anderem wurde Rechtsrock gehört. Zu den Textinhalten konnten oder wollten zwar weder die Angeklagten noch die Zeugen Genaueres sagen. Die bei einer Hausdurchsuchung im November 2007 sichergestellten Fahnen, Plakate und Bilder – unter anderem von Adolf Hitler -, lassen jedoch vermuten, dass die Texte zu Rassendiskriminierung aufrufen.

Moral ist nicht gleich Recht

Die Verteidiger distanzierten sich zwar von der Gesinnung ihrer Mandanten. Diese sei aber nicht Gegenstand des Verfahrens. In diesem Falle müsse man zwischen Moral und Recht unterscheiden. Sie plädierten für Freisprüche, da nach ihrer Ansicht der fragliche Abschnitt des Rassismusparagrafen im Lichte der anderen Abschnitte interpretiert werden sollte.

Strafbar wäre die Mitgliedschaft in einer Vereinigung demnach nur, wenn die Vereinigung öffentlich Rassendiskriminierung fördert. «Hier fehlt eindeutig die Öffentlichkeit», sagte ein Verteidiger. Sämtliche in den Raum eingeladenen Personen seien Freunde gewesen. Und wenn jemand seine Gesinnung gewandelt habe, sei dies kein Grund, ihn nicht zu den Freunden zu zählen und sich nicht zu treffen. Ein anderer ergänzte, dass die Gruppe gerade nicht öffentlich auftreten, sondern unter sich sein wollte. Eine Verteidigerin stellte zudem infrage, dass man von einer Vereinigung sprechen kann. Denn der angemietete Raum habe hauptsächlich dem Zweck gedient, eine günstigere Alternative zu öffentlichen Lokalen zu haben.

Wehret den Anfängen

Für den Staatsanwalt war zweifelsfrei erwiesen, dass es sich um eine Vereinigung handelte, die Rassendiskriminierung gefördert hat. Die Einrichtung des Raums lasse nur den Schluss zu, dass es sich um Verherrlicher des Dritten Reiches handle. Die Justiz dürfe nicht zulassen, dass eine solche Gruppierung straffrei ausgehe.

Für die vier vorbestraften Angeklagten – alle unter anderem wegen Körperverletzung – beantragte er unbedingte Haftstrafen. Die Texte von Rechtsrockbands deuteten darauf hin, dass es auch darum gehe, die körperliche Unversehrtheit anderer Menschen anzugreifen.

Unbedingte Strafe in einem Fall

Die Verteidiger argumentierten, dass allein die Systematik des Rechts dem widerspreche. Bei der Rassismusstrafnorm gehe es um die Wahrung des öffentlichen Friedens. Das Gericht sprach sich dann auch nur in einem Fall für eine unbedingte Haftstrafe aus. Die anderen sieben Strafen wurden bedingt auf drei Jahre ausgesprochen.

Der zu sieben Monaten unbedingt verurteilte Angeklagte organisierte im besagten Klubraum von «Amalek Liechtenstein» (siehe «Vaterland»-Ausgabe von gestern) eine Party, an der Rechtsrockbands auftraten und zu der 30 bis 50 Gäste kamen. Der vertrauliche Charakter habe dieser Veranstaltung gefehlt, erklärte der vorsitzende Richter. Deshalb wurde der mehrfach vorbestrafte Mann auch wegen Verbreitung rassendiskriminierender Inhalte verurteilt.