«Doch gleich umlegen»

BernerZeitung

Am zweiten Prozesstag sah sich das Kreisgericht gestern den Tatort an: das von Linksautonomen bewohnte Soltermann-Areal im Marzili. Hier hatten die drei Angeschuldigten am 10. Juli 2000 rund 110 Schüsse abgefeuert. Sie standen damals neben den Bäumen auf der gegenüberliegenden Strassenseite, 10 bis 28 Meter vom Gebäude entfernt.

Die meisten Schüsse durchschlugen das Tor aus Holz, Glas und dünnem Metall. Schuss-Splitter schlugen bis zu den hintersten Wänden durch, einige verfehlten die Schlafstätten der Bewohner nur knapp. Heute haben die Bewohner das Gebäude mit Metallplatten, Matratzen und Holzlatten verbarrikadiert. Der 23-jährige Hauptangeschuldigte habe Seriefeuer geschossen, erzählte der jüngste Angeschuldigte, der die beiden anderen zum Tatort gefahren hatte. Der zweite Schütze dagegen habe die Seriefeuersperre am Sturmgewehr nicht entfernt. Beide seien nicht betrunkener gewesen als sonst auch, wenn man sich getroffen habe. «Es war immer eine Sauferei.» Der 23-jährige Hauptangeschuldigte hatte zur Tatzeit 1,4 bis 2,3 Promille Alkohol im Blut.

Einer der beiden Schützen habe vor der Tat gesagt, man könnte die Linken «doch gleich umlegen, statt sie nur zu verklopfen», erzählte der jüngste Angeschuldigte. Er habe dies als Spruch abgetan, solche Sprüche habe er oft gehört, meinte er. «Einer der beiden anderen predigte mir, man müsse auf die Älteren hören.» Deshalb habe er den Mund gehalten und mitgemacht. «Denen haben wirs jetzt aber so richtig gezeigt», habe der Hauptangeschuldigte nach den Schüssen im Auto gesagt. Dieser 23-jährige Arztsohn muss sich auch wegen zweier Schlägereien vor Gericht verantworten. Er hat gestanden, im Mai 2000 in Münchenbuchsee einen Schüler an den Kopf getreten und einen anderen geschlagen zu haben. Zudem war er einen Monat später an der Solätte in Burgdorf mit weiteren Skinheads an einer Schlägerei beteiligt, bei der mindestens zwei Personen verletzt wurden. «Schon der Anblick eines Punks hat mich hässig gemacht», sagte er. Neben versuchter Tötung lautet die Anklage auf Angriff, Beteiligung an Raufhandel und Landfriedensbruch. Heute folgen die Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidigung.