Die Neonazis – und wir

SonntagsBlick

Marc Walder

NICHT NEONAZIS STÖRTEN dieses Jahr den 1. August auf dem Rütli. Ein Wolkenbruch war es, der für den Abbruch der nationalen Feier sorgte.

DOCH DER ERSTE Eindruck trügt: Die Szene der Rechtskonservativen, Rechtsradikalen, Rechtsextremen, Neonazis brütet weiter ihr braunes Gedankengut aus. Mitten in der Schweiz. Und keiner schaut hin.

SONNTAGSBLICK-RECHERCHEN zeigen Erschreckendes: In Sempach LU formierten sich kürzlich rund 250 Rechtsradikale zum Gedenkmarsch.

GEFÄHRLICHER BRAUNER SUMPF? Oder bemitleidenswerte Wirrköpfe?

LESEN WIR, WAS das Bundesamt für Polizei uns mitzuteilen hat: «Die Teilnehmerzahl an solchen Veranstaltungen weist tatsächlich steigende Tendenz auf.» Weiter heisst es im Schreiben an SonntagsBlick: «Rechtsextreme treten heute selbstbewusster auf (namentlich in Gruppen), sie scheuen die Öffentlichkeit weniger als früher und versuchen sich teilweise in der Parteipolitik zu etablieren.»

DAS BRAUNE PACK ist also auf dem Vormarsch. Es scheint sogar salonfähig zu werden.

HINSCHAUEN, WEGSCHAUEN, Schulterzucken: Schärfere Reaktionen auf den Zug der Ewiggestrigen von Sempach – auch von staatlicher Seite – sind nicht bekannt geworden.

VIELLEICHT HILFT DEN DULDERN und Verharmlosern ein Text aus Martin Cüppers‘ Buch «Wegbereiter der Shoah» besser zu verstehen, worum es geht.

ES IST EIN AUGENZEUGENBERICHT über die Erschiessung von Juden durch einen SS-Mann mit Namen Knäbel: «Das kleine Kind der Juden, das Knäbel zuerst an der Hand führte und zuletzt auf dem Arm trug, musste bei der Ermordung seiner Eltern zusehen. Hierauf fing es zu schreien an. Daraufhin nahm es Knäbel wieder auf den Arm, beruhigte es durch Streicheln und durch Worte. Als das Kind ruhig war, hat er es durch Genickschuss getötet. Im Augenblick der Schussabgabe trug er es auf dem Arm.»

DAS IST ES, WOFÃœR Neonazis marschieren.