Der Schweizer Neonazi Olivier Kunz, der früh in die rechte Szene abgerutscht ist, gab sich in der Vergangenheit stets als geläutert und behauptete, sich aus diesen Kreisen losgesagt zu haben. War es während einiger Jahre tatsächlich ruhig um den Romand, so bricht sich seine wahre Gesinnung in den letzten Jahren wieder ungebremst Bahn.
Der französische Neonazi und Kampfsportler Tomas Skatulsky von Pride France kündete auf der Seite seines Onlineshops 2yt4u.com für den 06. Juni 2020 ein Kampfsportevent in der Schweiz an. Daran sollten laut einer Einschätzung von «Runter von der Matte» bis zu 300 Neonazis aus dem In- und Ausland teilnehmen. Als Veranstaltungsort war die Region «zwischen Basel und Zürich» angegeben. Für musikalische Unterhaltung sollten die deutsch-österreichische NS-Hardcore Band «Terrorsphära» und die russische Straight Edge-Combo «Sober Charge» sorgen. In ihrer Analyse stellt «Runter von der Matte fest», „dass Skatulsky aktuell genau die Funktion einnimmt, die der russische Neonazi-Hooligan Denis ‚Nikitin‘ Kapustin bis letztes Jahr übernahm: Vernetzung der militanten, europäischen Neonazi-Kampfsportszene“ (1). Wegen der aktuellen Lage durch das neue Corona-Virus wurde das Event nun um ein Jahr auf den 5. Juni 2021 verschoben.
Bereits im Juni 2017 führte Pride France eine ähnliche Veranstaltung in der Region Annecy (FR) durch. Auch damals nahmen an der Veranstaltung eine Vielzahl Neonazis aus der Schweiz teil (2). Olivier Kunz spielte als Übersetzer eine nicht zu unterschätzende Rolle. Er spricht neben seiner Muttersprache Französisch fast perfekt Deutsch und konnte so sprachlich zwischen dem deutschen und dem französischen Lager vermitteln.
Der Werdegang des Olivier Kunz
Kunz wurde 1974 als Sohn eines Polizisten im Kanton Neuenburg geboren und ist seit den 1990er Jahren fester Bestandteil der Schweizer Neonaziszene. Seine Karriere begann er in der Parti Nationaliste Suisse et Européen (PNSE, 1991 gegründet). Bald zählte er zu den Mitgliedern der Hammerskins Schweiz und wurde 1996 das erste Mal wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm verurteilt. Der Tatbestand des Aufrufs zum Rassenhass und der Leugnung des Holocaust sei «eindeutig erfüllt», begründete der Richter sein Urteil (3). Kunz tat sich vor allem als Konzertveranstalter, Betreiber eines Musikträger-Versandes und Herausgeber diverser Neonazi-Fanzines hervor.
Am Ostersamstag 1998 trafen sich gegen 300 Neonazis in der Waadtländer Gemeinde Concise zu einer von Kunz organisierten Party. Unter den internationalen Gästen soll sich auch Uwe Mundlos befunden haben. Mundlos war Ende Januar 1998 gemeinsam mit Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe als sogenanntes NSU-Trio untergetaucht, nachdem ihre Bombenwerkstatt in Jena aufgeflogen war (4).
1999 stattete die Neuenburger Kantonspolizei Kunz und seiner damaligen Partnerin Karolina einen Hausbesuch ab und beschlagnahmte kistenweise rassistisches Material. Deswegen wurde Kunz 2001 zu zwölf Monaten Gefängnis bedingt verurteilt, musste jedoch trotz des bedingten Urteils eine 20-tägige Freiheitsstrafe antreten, die er wegen ähnlicher Vergehen 1996 auf Bewährung gefasst hatte. Karolina, eine gebürtige Polin, wurde mit sechs Monaten Gefängnis bedingt bestraft (5).
Ende der 1990er Jahre spalteten sich die Westschweizer Neonazis um Olivier Kunz von den Hammerskins ab und gründeten die Westschweizer Sektion von Blood & Honour. Kunz hielt die Hammerskins für zu wenig miltitant und wollte mit Blood & Honour neue Wege beschreiten. Im Juni 2000 veröffentlichte die Sektion ihr erstes Heft «Blood & Honour Romandie» (6). Einer breiten Öffentlichkeit wurde Kunz vor allem durch den Dokumentarfilm «Skin or Die» bekannt, in welchem er bereitwillig Einblick in seine Welt gab (7). 2005 nahm Kunz am Rütli-Aufmarsch teil. Ein Foto zeigt ihn in einem T-Shirt mit der Aufschrift «Blood and Honour – Suisse» neben dem Westschweizer Holocaust-Leugner Philippe Brennenstuhl.
In den letzten Jahren war Kunz, der seit 2015 bei Randstad in Yverdon-les-Bains als Personalvermittler tätig ist, vor allem in der Fussballszene von Neuchâtel Xamax aktiv. Hier trat er jedoch bewusst unpolitisch, im neutralen Casual Fussballoutfit auf und gehört den Hooligans «Neuchâtel Casual Element» (NCE) an. Er pflegt rege Kontakte zu verschiedenen rechtsgerichteten Hooligan-Gruppen im Ausland, so zum Beispiel auch zu den ultrarechten Hooligans «Strasbourg Offender».
Neuer Aufwind kam mit neuer Liebe – die Naziinfluencer aus Murten
Dies änderte sich nach seiner Hochzeit mit der aus Görlitz in Ostdeutschland stammenden Anja Schiffner im Oktober 2018. Schiffner pflegt seit langer Zeit enge Kontakte in die NS-Musikszene. Auf diversen Bildern posiert sie unter anderem als Roadie von Nazibands wie «Brutal Attack», «Bound for Glory» und «Blue Eyed Devils» sowie zusammen mit dem Sänger der «Lunikoff Verschwörung», Michael Regener. Im Sommer 2018 zogen Schiffner und ihr Sohn zusammen mit Kunz in eine beschauliche Wohnung in der Altstadt von Murten.
Auf ihrem Instagram-Profil stellt sich Schiffner als Werbeträgerin, vor allem für den Versand 2yt4u von Tomas Skatulsky, dar. Offen werden Naziklamotten beworben und dabei das happy Nazipaar inszeniert. Freundschaften ins ostsächsische Görlitz, wo Schiffner in einem Kleiderladen arbeitete und unter dem Spitznamen Lilo bekannt ist, unterhält sie weiterhin. Hierbei sind vor allem Kontakte zum evangelikalen AfD-Politiker Jens Jäschke und den «Bootboys Görlitz» erwähnenswert.
Es ist davon auszugehen, dass Kunz und Schiffner direkt oder indirekt in die Organisation bzw. Durchführung des Kampfsportevents von Skatulsky eingebunden sind.
(1) https://runtervondermatte.noblogs.org/neuigkeiten-von-der-matte-7-kommende-events-mit-rechter-beteiligung-recherche-und-analyse/#tomaszszkatulski
(2) https://twitter.com/antifa_bern/status/881445448170561536
(3) https://hans-stutz.ch/texte/olivier-kunz-verurteilt
(4) https://www.antifa.ch/wp-content/uploads/2017/05/lautstark_25_2017.pdf
(5) https://www.antifa.ch/olivier-kunz-gefangnis-fur-skinhead-paar-wegen-handel-mit-rassistischen-cd/
(6) https://chronologie.gra.ch/assessment/einschaetzung-rechtsextremismus-20052/
(7) https://www.youtube.com/watch?v=iIXEVS_8anE
weiter Quellen:
https://dasversteckspiel.de/die-symbolwelt/musik/terrorsphaera-305.html
https://www.antifa.ch/ruckblick-letzte-20-jahre/
https://www.antifa.ch/wp-content/uploads/2017/05/lautstark_25_2017.pdf
https://chronologie.gra.ch/assessment/einschaetzung-der-situation-2000/
https://chronologie.gra.ch/assessment/einschaetzung-des-rechtsextremismus-in-der-schweiz-im-jahr-20092/