Christliche Parteien tauschen sich aus

Liechtensteiner Vaterland vom 18.05.2011

Innenminister Hugo Quaderer informierte gestern die Generalsekretäre der christlich-sozialen Parteien über die rechte Szene in Liechtenstein. Im Anschluss fand eine Diskussion über Rechtsextremismus statt.

Von Stefan Batliner

Vaduz. – Seit gestern findet in Vaduz ein Gedankenaustausch zwischen christlich-sozial ausgerichteten Parteien aus dem deutschsprachigen Raum statt. Die Vaterländische Union organisierte dieses Treffen und begrüsste die Generalsekretäre und Leiter der Büros für auswärtige Beziehungen aus Deutschland (CSU, CDU), Luxemburg (CSV), Österreich (ÖVP), der Schweiz (CVP) und Südtirol (SVP) in Liechtenstein.

Am Montag bildeten die Positionierung der «C-Parteien» und der Einfluss der Medien auf die Politik die Themenschwerpunkte. Gestern stand ein Referat von Innenminister Hugo Quaderer über Rechtsextremismus und Rechtspopulismus mit anschliessender Diskussion unter Beteiligung von Jules Hoch, Chef der Kriminalpolizei, im Landtagsgebäude auf dem Programm.

Über rechte Szene informiert

Laut Hugo Quaderer ist die Problematik mit dem Rechtsextremismus in den einzelnen Ländern nicht grundsätzlich verschieden. Daher beschränkte er sich auf die Beschreibung der Szene in Liechtenstein und ging danach auf die Massnahmen der Regierung gegen Rechtsextremismus ein. «Auch in Liechtenstein gibt es eine rechtsextreme Szene, die insbesondere im Unterland angesiedelt ist», erklärte Quaderer. Die rechten Strömungen, zu denen etwa 40 Personen mit unspezifischem sozialen Hintergrund gehören, seien gekennzeichnet durch einen niedrigen Organisationsgrad und das Fehlen einer «eigentlichen Führungspersönlichkeit». Aufgrund der Kleinheit der liechtensteinischen Strukturen seien besagte Personen den Behörden bekannt und teilweise vorbestraft.

Verschiedene Massnahmen ergriffen

Um Formen rechter Gewalt entgegenzuwirken, hat die Regierung, wie Quaderer ausführte, beispielsweise bereits 2003 eine Gewaltschutzkommission unter der Leitung von Jules Hoch eingerichtet, zu deren Aufgaben die Beobachtung der Szene und die Beratung der Regierung gehören. Daneben sei die Repression jeglicher Gewalt eine wichtige Massnahme. Als dritten Weg erläuterte er den Ansatz der Prävention mit Analysen und konkreten Massnahmen. Als Beispiele hierfür nannte Quaderer die Plakatkampagne mit dem Motto «Gemeinsam Gesicht zeigen gegen rechte Gewalt». «Diese Kampagne führte zu einer Sensibilisierung für das Thema rechte Gewalt in der Bevölkerung. Wichtig ist, dass die rechte Szene weiss, dass der Staat Gewalt nicht toleriert und mit ganzer Härte darauf reagiert», schloss Quaderer.

In der anschliessenden Diskussion erklärte Jules Hoch, dass die Rechtsextremen in Liechtenstein seit dem Jahr 2000 in Kontakt mit Gleichgesinnten in Österreich und Süddeutschland stehen. «Es ist eine Vernetzung vorhanden. Ausländische Behörden teilen uns mit, dass Liechtensteiner bei Gedenkmärschen auftauchen», so Hoch. Bei der Verbreitung der Gesinnung spiele die Musik eine wichtige Rolle. Bertil Wenger, Leiter der auswärtigen Beziehungen von der CDU, fragte nach einer linken, gewaltbereiten Gegenströmung. Ausser wenigen in der Schweiz wohnhaften Liechtensteinern, die beispielsweise an Demonstrationen in Zürich registriert worden sind, existiert laut Hoch kein gewaltbereiter Gegenpart zur rechten Szene. VU-Parteipräsident Adolf Heeb erkundigte sich bei Hoch nach Erkennungsmerkmalen von Rechtsgesinnten. «Die Szene hat sich stark verändert, das Auftreten wurde unauffälliger – Springerstiefel und Bomberjacken sieht man nicht mehr», sagte Hoch.

Industrie hat hohen Stellenwert

Nach der Diskussion führte Landtagssekretär Josef Hilti durch das Landtagsgebäude, bevor die Gruppe Schloss Vaduz besuchte und mit Erbprinz Alois sprechen konnte. Beim anschliessenden gemeinsamen Mittagessen stellten Josef Beck, Geschäftsführer der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer (LIHK), und Adolf Real, Präsident des Bankenverbandes, die beiden Organisationen vor. «Im Ausland kennt man allenfalls das Fürstenhaus und den Bankenplatz», so Beck, der grossen Wert darauf legte, den Gästen den Stellenwert der Industrie und des warenproduzierenden Gewerbes zu veranschaulichen. So würden diese beiden Zweige 36 Prozent der nationalen Wertschöpfung erzielen und rund 42 Prozent der Arbeitnehmer beschäftigen. «Unsere Industrie ist also viel stärker, als man erwarten würde», schloss er.

Adolf Real erklärte, dass am Finanzplatz 5000 Leute beschäftigt seien und dieser sich in einem Transformationsprozess befinde. Denn der Fürst und die Regierung hätten vor mehr als zwei Jahren eine Neuausrichtung auf deklarierte Gelder beschlossen. Als Folge davon nannte er die 23 Steuerabkommen. Real ist zuversichtlich, dass der liechtensteinische Finanzplatz auch nach der Neuausrichtung erfolgreich sein kann. Neue und innovative Produkte wie auch die Neufassung des Fondsgesetzes, wodurch europäische Standards umgesetzt werden, würden die Basis für die neue Ausrichtung legen. Denn durch diese Umsetzung erhalte Liechtenstein den EU-Pass für alle Produkte und könne am schweizerischen und am europäischen Wirtschaftsraum partizipieren.