Brutalo-RS: Hitlergruss und Fusstritte

Sonntagsblick

UNTERSUCHUNG Gnadenlose Schikanen in der fünften Kompanie der Artillerie-RS in Frauenfeld. Rekruten wurden getreten, bedroht und gedemütig. Jetzt ermittelt die Militärjustiz gegen zwei Wachtmeister.

Von Benno Tuchschmid und Daniel Jaggi

Seit zehn Wochen befinden sich achtzig Rekruten der Kompanie 5 in der Frauenfelder Kaserne Auenfeld – und erleben die Hölle. Der kleinste Fehler, die kleinste Unaufmerksamkeit eines Wehrmannes genügt, und die beiden Wachtmeister Andreas Rüller (26) und Severin Seidel (23) werden gewalttätig.

Rekrut Peter Gommer erinnert sich an einen Vorfall mit Wachtmeister Rüller: «Wir haben gerade das Marschieren in der Formation geübt, da ist ein vor mir gehender Rekrut kurz aus dem Takt gefallen. Das hatte der Wachtmeister gesehen. Die Strafe war grausam: Mit voller Wucht hatte er dem Rekruten mit seinem schweren Militärstiefel in den Rücken getreten. Dieser ist dann in die vordere Reihe gefallen.»

Das ist längst nicht der einzige Vorfall dieser Art:

– Wachtmeister Rüller schleifte während eines Marsches einen Rekruten mit Knieverletzungen hinter sich her. Sein Kommentar, so ein Rekrut gegenüber SonntagsBlick: «Schmerzen sind geil.»

– Wachtmeister Rüller drückte während einer Schutzmaskenübung den Kopf eines Rekruten mit dem Fuss so tief in den Schlamm, bis dieser panisch um sich schlug und aus Atemnot hyperventilierte. «Danach hat er behauptet, jener sei bloss ein Weichei», erinnert sich ein Beteiligter.

Gewehr manipulieren bis die Hände bluten

Gnadenlos ist auch Wachtmeister Seidel:

– Bei Ladeübungen am Gewehr drohte er: «Riegeln, bis die Hände bluten.» So kam es dann auch. Es wurde so lange geübt, bis einigen Rekruten die Hände bluteten.

– Während des Wachtdiensts eines Rekruten sprang Wachtmeister Seidel vor den Mann. Mit seiner Pistole zielte er auf den Kopf des Wehrmannes und schrie: «Peng, peng, tot!»

– Beim Laden der Panzer mit Munition verlangten beide Wachtmeister von einer Gruppe Rekruten, 15 Minuten lang regungslos vor einer Wand zu stehen. Grund: Die Wehrmänner waren aus medizinischen Gründen vom Herumtragen der schweren Artilleriemunition dispensiert.

Ein weiterer gravierender Vorfall soll sich im Büro der Kompanie 5 ereignet haben. Beim Eintreten hätten die beiden Wachtmeister die Rechte erhoben und mit «Heil» gegrüsst. Das berichten zwei Rekruten übereinstimmend.

Von den Ereignissen erfuhr Schulkommandant Ennio Scioli (39) am letzten Donnerstag. Der Oberst gegenüber SonntagsBlick: «Wenn nur etwas davon stimmt, werde ich hart durchgreifen. Ein solches Verhalten dulde ich in meiner Kaserne nicht.»

Scioli fackelte nicht lange. Noch gleichentags verlangte er vom Oberauditorat eine Voruntersuchung. Martin Immenhauser (38), Pressesprecher der Militärjustiz: «Im Untersuchungsbefehl ist die Rede von Schikanieren, Diskriminierung, Missbrauch der Befehlsgewalt und rechtsextremen Äusserungen.»

Zu den Vorwürfen wollten die Wachtmeister nicht Stellung nehmen. Wachtmeister Rüller: «Kein Interesse.» Mehr über die Haltung der beiden Beschuldigten weiss Militärjustiz-Sprecher Immenhauser: «Sie bestreiten alle Taten.»

Das hilft den beiden Zeitmilitärs aber nicht viel. Bereits am Freitag hatte sie der Schulkommandant suspendiert. «Die beiden müssen bis auf weiteres zu Hause bleiben.»