Brenzlige Situation an der Schlaf-Demo

Südostschweiz

Mehrere rechtsradikale Männer marschierten am Samstag auf dem Rathausplatz auf. Dort demonstrierten zur gleichen Zeit die Juso und Gleichgesinnte gegen die Untätigkeit der Regierung gegenüber dem Rechtsextremismus.

Von Monika Glavac

Glarus. – «Wir sind die berühmte Division!» skandiert etwa ein Dutzend schwarz gekleideter Männer. Ihre Fäuste sind geballt. Sie gehen direkt auf auf das vor der Türe des Rathauses gespannte Leintuch mit der Aufschrift «Schlafen gegen Rechtsextremismus» zu. Die Männer reissen das Leintuch runter und zünden es an.

Demonstranten verhalten sich ruhig

«Es ist schade», meinen Marco Kistler und Sergio Haller von der Juso zum Aufmarsch der rechtsgesinnten Gruppierung, fügen aber sogleich an, «es zeigt aber auch, dass unsere Forderung nach präventiven Massnahmen gegen den Rechtsextremismus begründet ist.»

Die Polizei hatte die Situation sogleich unter Kontrolle, und es kommt zu keinen Gewaltausbrüchen. Die Gruppe der «schlafenden» Demonstranten verhält sich ruhig und lässt sich weder von rechtsradikalen Parolen beeindrucken noch von den verbalen Angriffen provozieren.

Regierung soll handeln

Die Juso hat beim Landrat eine Interpellation eingereicht, worin sie von Kanton und Regierung fordern, die Problematik anzuerkennen und eine klare Haltung einzunehmen. «Präventive Massnahmen sind nötig, um eine nachhaltige Eindämmung des Rechtsextremismus zu erreichen», so Marco Kistler, Mitorganisator der Demonstration. Es handle sich um gesellschaftliches Problem, auf das nicht alleine mit polizeilichen Mitteln reagiert werden könne.

Angesprochen auf die rechtsradikale Ausschreitung vor dem Rathaus, meint Landamman Röbi Marti, der zufällig vor Ort war: «Das ist nicht zu tolerieren.» Auf die Frage, ob dies die Entscheidung gegenüber der Interpellation beeinflussen werde, gab Marti keine Anwort.

Die Juso hatte zu einer friedlichen Demonstration vor dem Rathaus aufgerufen. Mehrere Jugendliche, aber auch ältere Parteimitglieder der SP, solidarisieren sich mit der Juso und legen sich eingerollt in Schlafsäcke vor das Rathaus.

«Wir wollen symbolisch darauf hinweisen, dass die Glarner Regierung schläft und nicht Stellung nimmt zu den rechtsradikalen Tendenzen im Glarnerland», sagt Marco Kistler, vor dem Einmarsch der Rechtsgesinnten.

Die Worte seiner Mutter Melanie Kistler, die ebenfalls vor dem Rathaus liegt, werden im Nachhinein deutlich sichtbar: «Schlafen ist gewaltlos und eine friedliche Art der Demonstration. Es steht gegen die Gewalt.» Und einen Ausbruch der Gewalt provozieren die rechtsradikalen Männer mit ihrer Verbrennungsaktion, treffen aber auf friedlich schlafende Gegner.

Gewalt gegen anders Gesinnte

Einige der «schlafenden» Demonstranten haben bereits Erfahrungen im Umgang mit den Rechtsgesinnten aus dem Glarnerland. So etwa Stefan Baumgartner (18) aus Engi: «Ich hatte schon Puff mit ihnen. Sie griffen mich an, nur weil ich anders aussehe.» Er deutet auf sein Äusseres, das ihn als einen Punk identifiziert.

Ein junger Mann, der anonym bleiben möchte, wurde schon krankenhausreif geprügelt: «Die rechtsradikale Gruppierung White Power Glarnerland ist organisiert, und die Mitglieder sind gewaltbereit. Der Kanton Glarus soll dies endlich anerkennen.»

Hermann Bantli (72) aus Glarus erinnert sich noch an den 2. Weltkrieg: «Damals hiess es, wehret den Anfängen. Dies ist auch heute noch gültig.» Seine Frau Gisela Bantli, die im deutschen Naziregime gross geworden ist, fügt an: «Es fing in jener Zeit auch mit kleinen Gruppierungen an.»

Auch Glarner Rechtsextreme

Ob gegen den entstandenen Sachschaden strafrechtlich vorgegangen wird, ist noch Gegenstand von Abklärungen.

Bei dem Dutzend der Rechtsgesinnten handelt es sich um Bündner. «Es waren zu Beginn auch einige Glarner dabei, aber sie verschwanden, als die Polizei einschritt», erzählt Marco Kistler.

«Man sieht sich wieder», schallt es vom schwarzen Mob her zurück. «Ich habe keine Angst vor ihnen», unterstreicht Kistler, «mehr Sorgen bereitet mir, dass es immer mehr von ihnen gibt.»

Nachdem die Rechtsextremen gegangen sind, wird ein neues Transparent vor die Rathaustüre aufgehängt: «Stop Nazis»!