«Bierhaus»-Wirt hat kalte Füsse bekommen

zentral+: David Roth wollte als Reaktion auf die Morddrohungen aus Sempach zu einem Bier ins lokale Restaurant Bierhaus einladen. Doch dem Wirt war die Sache nicht geheuer. «Ich will keine politischen Veranstaltungen bei mir», sagt Orest Jakowsky. Jetzt hat der Luzerner SP-Präsident Roth einen neuen Ort für seine Gesprächsrunde gefunden.

SP-Präsident Roth hat am Freitag publik gemacht, dass er seit Jahren anonyme Morddrohungen aus Sempach erhält. Statt nur eine Anzeige bei der Polizei zu machen, geht er jedoch kommunikativ in die Offensive. Er lädt alle, die mit ihm reden wollen, zu einem Feierabendbier ein und will damit ein Zeichen setzen (zentral+ berichtete).
Doch Roth hat die Rechnung offenbar ohne den Wirt des Restaurants gemacht. Orest Jakowsky führt das Restaurant Bierhaus seit 18 Jahren. «Mein Personal hat die Reservation aufgenommen. Es war mir gar nicht bewusst, was genau läuft», sagt der gebürtige Bayer auf Anfrage von zentral+. Er habe das mit David Roth durchdiskutiert und sie seien zum Schluss gekommen, die Veranstaltung abzusagen.

Keine Polit-Veranstaltungen erwünscht

Offiziell liess man verlauten, dass sich die Räumlichkeiten nicht eigneten. «Unser Raum geht um die Ecke herum», sagt Jakowsky, «man müsste den Redner ja schon von allen Seiten sehen. Ein Saal wäre besser geeignet.» – Jakowsky ging also von einem Andrang aus und nicht nur von einer gemütlichen Bierrrunde.
Der Gastronome räumt ein, als zentral+ nachhakt, dass es einen zweiten wichtigeren Grund gibt für seine Absage. «Ich bin kein Freund politischer Veranstaltungen in meinem Lokal. Ich lehne Extremismus, ab, ob von links oder von rechts.» Das Restaurant Bierhaus sei offen für alle, es fänden auch Konzerte statt, fügt Jakowsky hinzu. Doch diese Offenheit hat offenbar Grenzen. Jakowsky befürchtete mögliche Probleme.

Neu trifft man sich beim Italiener

David Roth hat inzwischen einen neuen Ort gesucht und ist fündig geworden. «Das Ristorante Una Storia hat mir zugesagt», sagt er auf Anfrage. Das italienische Lokal «Una storia della vita» bezeichnet sich auf seiner Webseite als «weltoffene Beiz». Es befindet sich an der Stadtstrasse 24 in Sempach. Der Anlass im Weinkeller beginnt am Donnerstag um 18 Uhr und dauert bis zirka 19.30 Uhr. Die Polizei ist laut Roth informiert über das Treffen.

Zu seiner Motivation für diese Veranstaltung, erklärt Roth, Bekannte aus Sempach hätten ihm gesagt, dass man etwas machen müsse. «Sie finden, dass diese Vorfälle mit den Drohungen peinlich sind für Sempach.» Ist die Durchführung dieses Anlasses nicht ein wenig provokativ? «Nein, das finde ich nicht. Es ist eher eine Geste auf die Leute zu», sagt der SP-Politiker. Die Drohungen seien auch nicht ein privates Problem. «Wenn ich für ein Amt kandidiere und man mich deswegen bedroht, ist das von öffentlichem Interesse in einer Demokratie.»
Er sehe das als einzige normale Reaktion. «Ich gebe allen Gelegenheit, mit mir zu reden, auch meinen Kritikern.» Wahlveranstaltungen habe er schon viele andere gehabt, sagt David Roth zum anderen möglichen Vorwurf, dass er die üble Sache für seinen Nationalrats-Wahlkampf ausschlachtet.

Stadtpräsident: «Sempach ist nicht rechtsextrem»

Und was meinen die Stadtbehörden? Der Sempacher CVP-Stadtpräsident Franz Schwegler: «Ich bin schon etwas erstaunt, dass David Roth mit den Morddrohungen an die Öffentlichkeit geht.» Die Einladung Roths findet er aber eine gute Idee. «Mit den Leuten reden, ist immer gut. Ob die Kritiker dann wirklich kommen, ist eine andere Frage», so Schwegler. David Roth sagt seinerseits sagt zur Frage, ob er wirklich mit politischen Gegnern rechnet: «Die Möglichkeit wäre vorhanden, mein Angebot steht. Es geht um die Geste.»

Ist Sempach ein Hort von Rechtsextremen? Franz Schwegler bestreitet das vehement. «Überhaupt nicht», sagt er. Sempach stehe politisch nicht sehr rechts, CVP und FDP stellten die Stadtregierung. Weiter rechts habe es bis vor einigen Jahren nichts gegeben. Seine Stadt werde aber wegen des Winkelried-Denkmals oft besucht von rechten Personen. «Sie identifizieren sich halt damit.»

Rechtsextreme marschierten trotzdem auf

Der jüngste Vorfall geht auf den 11. Juli dieses Jahres zurück. An diesem Tag verbot die Luzerner Polizei sämtliche Aufmärsche beim Schlachtdenkmal in Sempach. Sowohl jener von Rechtsradikalen wie jener der Antifa Zentralschweiz wurden untersagt. Trotzdem konnten die Rechten ungehindert zum Winkelrieddenkmal marschieren. Sie warteten einfach, bis die Polizei abgezogen war und führten ihre «Gedenkfeier» mit Rede und Kranzniederlegung trotzdem durch. Juristisch haben die Rechtsextremen nichts zu befürchten – der Kanton Luzern hat diesmal keine Anzeige eingereicht.