Antifa schlägt Dialog aus

Der Bund.

Warum Bern ein heisser Samstag droht – aber der Leist-Chef dennoch kühles Blut bewahrt

Die Anti-WEF-Demonstration am Samstag soll gewaltlos verlaufen, jedoch unbewilligt und ohne Gespräch mit der Polizei – ein E-Mail sei Dialog genug, eine Bewilligung erübrige sich, findet die Antifa. Berns Polizei sieht sich in schwieriger Lage.

rudolf gafner

Die Polizei sucht aktiv den Dialog, um sich auf einen geregelten Ablauf verständigen zu können – indes nein, es soll nicht sein. «Wir lassen uns von der Polizei nicht koordinieren», lässt das «Bündnis ,Zug um Zug?» per E-Mail den «Bund» wissen. Der Polizei hat das Bündnis zwar seine «Anliegen erläutert», aber gleichfalls bloss anonym über E-Mail – «was wir als ausreichenden Dialog betrachten». Und: «Die Frage der Demonstrationsbewilligung erübrigt sich», weil Versammlungsfreiheit herrsche, findet das Bündnis, das aus linksautonomen Gruppen wie Antifa Bern, Autonome Gipfelblockade oder Revolutionäres Projekt Burgdorf besteht und von Berns Anti-WTO-Koordination unterstützt wird. Demonstriert werden soll also unbewilligt, «kämpferisch» – gleichwohl aber «in keinster Weise eskalationsfördernd», wie es heisst. «Wir möchten Auseinandersetzungen mit der Polizei unbedingt vermeiden» – schon nur, weil man von Bern nach Burgdorf weiterreisen wolle (siehe Kasten). Jedoch: Sollte die Polizei den «kurzen Umzug durch die Innenstadt» verhindern wollen, werde man «flexibel handeln». Es liege also an der Polizei, sich getreu ihrer «gut bewährten Deeskalationsstrategie dezent im Hintergrund zu halten», gibt Antifa zu verstehen.

«Schon falsch», sagt Stadtpolizei-Infochef Franz Märki dazu: «Da wird Deeskalation missverstanden – denn Dialog gehört dazu, macht Deeskalation überhaupt möglich.» Angesichts der Gesprächsverweigerung rechne die Polizei erst recht mit einem «schwierigen Einsatz». Und doch sehe er auch Grund zur Zuversicht: «Wir hoffen, die Demo ohne Eskalation durchzubringen», so Märki – ohne mehr zu verraten.

So sieht es auch Andreas Hubacher, Geschäftsführer des Berner Oberstadtleistes (BOL), der mit der Polizei in Kontakt steht und offenbar gut informiert ist. «Ich bin eher zuversichtlich», sagt er. Die Antifa-Haltung sei inakzeptabel («Mit diesen Leuten kann man offenbar gar nicht reden») – aber es sei trotzdem «noch gut möglich, dass die Polizei in den zwei Tagen bis zur Demo einiges erreicht». Andernfalls mache er sich auch keine grossen Sorgen: «Klappt es mit Deeskalation nicht, ist die Polizei gewappnet. Sie wird – davon gehe ich aus – die Demo gar nicht in die Innenstadt lassen.» So habe er, Hubacher, «auch nicht den Eindruck, dass den Geschäften jetzt schon empfohlen werden muss, sich zu verschalen» – wie es einige tun wollen: Der 2003 schwer krawallgeschädigte Bijoutier Gübelin etwa will, wie auf Anfrage bestätigt wird, am Samstagvormittag eine Bretterwand hochziehen.

Berichtet die Presse über solche Vorkehrungen und Ängste, ist dies für Antifa bloss «Scharfmacherei». «In den regionalen Zeitungen läuft eine Kampagne gegen unseren Aktionstag», empört sich die Gruppe.

SBB: «Wir sind vorbereitet»

Die Demonstranten werden am Samstag im Zug reisen – von Freiburg über Bern und Burgdorf bis Langenthal. Offenbar sollen normale Zugverbindungen benutzt werden: Laut SBB-Sprecher Roland Binz wurde kein Extrazug angefordert. Die SBB sind gerüstet und in Kontakt mit Behörden und Polizei: «Wir sind auf zwei ausserordentliche Wochenenden vorbereitet», sagt Binz. Nach dem Krawall letztes Jahr in Bern wurde darüber diskutiert, ob der Zug nicht vor Bern hätte angehalten werden können. «Es ist nicht an uns, solche Entscheide zu fällen», sagt Binz. Die SBB könnten in Absprache mit Behörden und Polizei situativ reagieren. Einen Zug auf offenem Feld anzuhalten sei allerdings nicht einfach. (cbb)