Gesinnung ist nicht strafbar

Vor nicht langer Zeit organisierte die Pnos (Partei National ­Orientierter Schweizer) im luzernischen ­Willisau ein Neo­nazi-Konzert mit dem Zweck, Geld für ein «Partei-Haus» zu ­sammeln. Nachdem sich im Oktober ­vergangenen Jahres im Toggenburg mehrere Tausend Rechtsextreme aus ganz Europa bei einem Rechtsrockkonzert versammelt hatten, standen dieses Mal die Zeichen auf Alarmstufe Rot. Da die Pnos-Verantwortlichen den Treffpunkt zuerst verheimlichten, wurden etliche kantonale Polizeikorps in Bereitschaft versetzt, unterstützt von Helikoptern und wohl laufend mit ­Informationen beliefert durch die Antifa, die ­Antifaschistische Aktion. Was wurde den ­Veranstaltern vorgeworfen?

Es bestand der Verdacht, dass an einem solchen Treffen gegen die Antirassismus-­Strafnorm gemäss Artikel 261 des Schweizerischen ­Strafgesetzbuches verstossen werden könnte. Das Wort «könnte» ist hier nicht unbedeutend. Der Strafrahmen des Rassendiskriminierungsartikels bewegt sich zwischen sechs Monaten und maximal drei Jahren Freiheits­entzug oder einer Geldstrafe. Somit ist dieser Straftatbestand von der Strafandrohung her ­gesehen vergleichbar mit der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst, der Mehrfachehe, den unwahren Angaben gegenüber Handels­registerbehörden, dem Missbrauch von Lohnabzügen oder wenn jemand grundlos die Polizei, Feuerwehr oder Sanität alarmiert. Es stellt sich hier die berechtigte Frage, ob mit Kanonen auf Spatzen geschossen wurde und sich die Polizei durch ein bewusst geschaffenes Betroffenheitsklima hat instrumentalisieren lassen. Es darf auch bezweifelt werden, dass ab sofort bei jeder Veranstaltung und jedem Konzert in der Berner Reitschule ­Polizeifahnder eingeschleust werden, um sicherzustellen, dass gegen keinerlei Strafnorm verstossen wird. Ebenso wenig ist bekannt, ob sich Spitzel der Antifa bei irgendwelchen Pro-Palästina-­Veranstaltungen herumtreiben, um nachzu­weisen, falls auch nur die leiseste antijüdische Bemerkung fallen sollte, damit diese unverzüglich zur Anzeige gebracht und staatsanwaltschaftlich verfolgt werden kann. Es geht jetzt in keinem Fall darum, rechtsextreme Organisationen vor ­Strafverfolgung zu schützen. Es darf aber nicht sein, dass wegen rechtslastiger Gruppierungen der Rechtsstaat, wenn nicht ausgehebelt, so zumindest unzulässig strapaziert wird. Es gilt auch zu verhindern, dass solche Vereinigungen für sich die ­Opferrolle in Anspruch nehmen können. Die ­Einwände eines Extremismusexperten, wonach ein Pnos-Haus für die Schweiz gefährlich wäre, weil dieses von Linksextremisten attackiert ­werden könnte und ein Magnet für Gleichgesinnte wäre, zeugen auch nicht gerade von einem ausgeprägten Demokratieverständnis.

Es macht hier den Anschein, dass die freie Meinungsäusserung eingeschränkt werden soll, sobald diese dem linken Mainstream zuwiderläuft. Strafbare Handlungen – ob nun von linker oder von rechter Seite begangen – sind in jedem Fall zu ahnden, wobei aktuell ein gerüttelt Mass an Gesinnungsstrafrecht nicht zu übersehen ist. Auch der Eidgenössischen Kommission gegen ­Rassismus sei nach deren ­Verlautbarungen im aktuellen Fall das Zitat des französischen ­Philosophen Voltaire: «Ich mag verdammen, was du sagt, aber ich werde mein Leben dafür ­einsetzen, dass du es sagen darfst», dringend in Erinnerung gerufen.