«Das Problem ist der Alkohol»

 

Die Südostschweiz vom 10.10.2009

Erneut werfen Schlägereien ein schlechtes Licht auf den Kaltbrunner Markt. Die zwei auswärtigen Haupttäter sind verantwortlich für zwei Verletzte und eine gedämpfte Stimmung in der «Marktstadt».

 

Brigitte Tiefenauer

«Gegen 2 Uhr sitzt ein Mann plötzlich in der Jumo-Bar», berichtet ein Augenzeuge, «das Gesicht blutig, als wäre er auf das Strassenpflaster gefallen.» Nach einer kurzen Diskussion gerät ein Auswärtiger unter Beschuss: Was er glaube, nach Kaltbrunn zu kommen und sich hier aufzuspielen. Der Fremde verlässt die Bar, rund ein Dutzend empörte «Schweizer Dorfjugend-Typen» folgt ihm. Was draussen geschieht, bekommt der Informant nicht mit.

Glatze erhielt eins an die Rübe

Zumindest was vorher geschah, ist aber bei der Kantonspolizei St. Gallen in Erfahrung zu bringen. Diese ist mit einem Grossaufgebot vor Ort. Zur Zahl der Sicherheitskräfte gibt es keine offiziellen Angaben; Augenzeugen sprechen von Dutzenden. «Es waren sehr viele junge Erwachsene und alkoholisierte Jugendliche im Dorf», schildert Polizei-Mediensprecher Hanspeter Krüsi die Jahrmarktnacht.

Laut Polizei ereignete sich Folgendes: Kurz nach Mitternacht schlägt ein 23-Jähriger einem 19-Jährigen nach provokativen Auseinandersetzungen vor dem Restaurant «Speer» ins Gesicht. Der Schläger, ein Schwyzer, wird verhaftet, der Verletzte flüchtet – offenbar in die Jumo-Bar.

Eine Dreiviertelstunde später stösst die Polizei unweit vom Schauplatz der ersten Eskalation auf eine zweite: Ein ebenfalls 19-Jähriger aus dem Kanton Zürich schlägt einem 23-jährigen Glarner Rechtsradikalen die Faust ins Gesicht und fügt ihm erhebliche Verletzungen zu. Die Kantonspolizisten nehmen auch diesen Schläger in Gewahrsam. Den Verletzten Glarner bringen sie ins Spital.

«Schade um den Bauernmarkt»

In der Menge der Anwesenden bei beiden Eskalationen schätzen die Sicherheitskräfte je ein Dutzend direkt oder indirekt Beteiligte aus dem Linthgebiet und der weiteren Umgebung, ein gutes Dutzend unverkennbar der rechten Szene angehörig.

Wegen zu viel Alkohols gingen einzelne Jugendliche provokativ und aggressiv gegen die anwesenden Sicherheitskräfte vor. «Ohnehin unerwünscht auf dem Platz ist es heikel, die Streithähne zu trennen», schildert Krüsi die schwierige Situation der Polizisten. Was genau zu den Eskalationen führte und wer schuld ist, ist laut Krüsi noch nicht ermittelt. Möglicherweise würden nach der Ausnüchterung weitere Anzeigen erstattet.

«Das Problem liegt eindeutig im Umgang mit dem Alkohol», betont Krüsi. «Schade um den Bauernmarkt und dessen Ruf.» Die Konsequenzen, sprich weitere Massnahmen, liegen laut dem Mediensprecher in der Verantwortung der Gemeinde.

Gemeinde will handeln

«Schade», findet auch der Kaltbrunner Gemeindepräsident Markus Schwizer, «dass eine Minderheit, darunter mehrheitlich Auswärtige, unser Fest stört.» Nebst der rechtsextremen Szene nennt auch er den Alkohol als Hauptursache dafür. Minderjährige hätten kistenweise Bier und Wodka in Rivellaflaschen hergeschleppt. «Ein gesellschaftliches Problem», so Schwizer. «Schade, dass wir 99 Prozent Unschuldige in der Bevölkerung mit verschärften Massnahmen strafen müssen.»

Kaltbrunn erlebte bereits früher Ausschreitungen am Marktabend. 2007 kam es zu einer wüsten Schlägerei mit rund 40 Involvierten. Der Ausschluss der damaligen Schläger sowie Restriktionen beim Alkohol-Ausschank sorgten für einen ruhigen Jahrmarkt 2008. Heuer sollte die Polizeistunde um 3 Uhr statt der traditionellen Freinacht die Risiken weiter reduzieren. «Wir werden noch strengere Regeln brauchen», so Schwizer. «Das Fest lassen wir uns aber nicht verderben.»