«Betriebsgeheimnis» um Tickets

ZüriZeitung

«Betriebsgeheimnis» um Tickets

Er entscheidet, wer ein Billett für die Rütli-Feier erhält. Herbert Ammann* über seine Auswahlkriterien und weshalb nicht nur Rechtsextreme kein Ticket für die Feier erhalten.

Ernst Zimmerli

Der Zugang zur Bundesfeier läuft dieses Jahr zum ersten Mal über das Ticketingsystem. Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen?

Herbert Ammann: Insgesamt gut. Auch deshalb, da sich die Aufrufe in der rechtsextremen Szene, sich für die Rütli-Feier anzumelden, in Grenzen gehalten haben. Auf Grund meines Wissensstands waren das niemals 700 Anmeldungen – so viele Rechtsextreme waren 2005 an der Bundesfeier. Insgesamt sind bei mir bisher etwa 1300 Anmeldungen eingegangen. Das Ticketingsystem ist auch intensiv in die Medien gelangt, mehr als es mir lieb war.

Trotzdem, ist nicht auch das komplizierte Anmeldeverfahren eine Art Hemmschwelle für die Bürger?

Doch natürlich, und ich hatte auch entsprechende Reaktionen von Personen, die sehr sensibel sind in der Frage: Wie geht man mit meinen Daten um? Wir können nur wiederholen, was wir bei den Antragsformularen schriftlich festgehalten haben, nämlich dass wir sämtliche Daten nach dem 1. August vernichten werden. Aber es ist halt schon so: Die Hemmschwelle, an der Feier teilzunehmen, ist mit dem Ticketingsystem höher geworden. Schliesslich gibt es auch Personen, die finden, ich bin doch ein freier Schweizer, ich kann immer da hingehen, wo ich will. Ich wurde deswegen auch schon ziemlich heftig angeschnauzt. Aber insgesamt ist das Verständnis, dass man ein Kontrollsystem einführen musste, beträchtlich.

Gemäss unseren Recherchen gibt es aber Bürger, die keine Billette erhalten haben, obwohl sie garantiert nicht der rechtsextremen Ecke zuzuordnen sind. Was sagen Sie denen?

Wir versuchen alles zu unternehmen, dass das nicht passiert. Aber ich kann es nicht ausschliessen. Ich habe etwa fünf Dutzend Anmeldungen auf dem Tisch, bei denen denkbar ist, dass sie in irgendeiner Weise dem rechtsextremen Flügel zuzuordnen sind, bei denen aber eine genaue Beurteilung nicht möglich ist. Hier müssen wir uns jetzt noch überlegen, welche dieser Personen auf Grund welcher Überlegungen doch noch ein Ticket erhalten werden. Aber es ist schon so, einige Personen werden zu Unrecht kein Billett erhalten.

Diese werden nicht orientiert und hoffen bis am 31. Juli vergeblich auf ein Billett?

Das ist denkbar. Wissen Sie, ich habe nicht ganz unabsichtlich mit der Bearbeitung all jener gewartet, die fraglich sind. Es hat durchaus auch Personen gegeben, die nachgefragt haben, warum gerade sie kein Billett erhalten haben. Und so ist es natürlich möglich, auch ganz knapp noch einmal zu entscheiden, ob ein Billett verteilt werden kann oder nicht.

Sie konnten aufgrund der Anmeldungen rund 200 Rechtsextreme aussortieren, ist das richtig?

Ja.

Wie ist das möglich? Eine polizeiliche Prüfung ist Ihnen ja vom Datenschutz untersagt worden.

Es gibt zahlreiche Informationsmittel, die öffentlich zugänglich sind, von Bibliotheken bis zum Internet. Und diese Informationsquellen haben wir genutzt.

Also keine Einsicht in polizeiliche Akten?

Nein, ganz sicher nicht, nur öffentliche Quellen.

Und auf Grund dieser Informationen läuft dann auch das Auswahlverfahren?

Genau. Aber ich möchte das gar nicht konkretisieren. Es ist wie eine Art Betriebsgeheimnis. Die Zielsetzung ist einfach: Wir wollen keinen organisierten Rechtsextremismus auf dem Rütli. Und ich gehe davon aus, dass uns das weitgehend gelingt. Zudem müssen alle Personen, die ein Billett haben, durch die Kontrollen in Brunnen. Der Polizei einschlägig bekannte oder gar vorbestrafte Personen werden nicht durchgelassen.

Dennoch wird es einigen Rechtsextremen gelingen, an der Bundesfeier anwesend zu sein.

Uns und den Sicherheitskräften wird es kaum gelingen, alle Personen mit rechtsradikalem Gedankengut zu erfassen. Das finde ich übrigens auch gut. Ich habe nämlich überhaupt keine Lust, in einem totalen Überwachungsstaat zu leben. Ich denke aber auch, dass dies eine verschwindende Minderheit sein wird.

Gibt es aufgrund der bisherigen Erfahrungen bereits Erkenntnisse für die Rütli-Feier 2007?

Wir müssen abwarten, was auf dem Rütli und in der Zentralschweiz passiert. Fest steht: Wenn es keine Bundesfeier und keine Sicherheitsmassnahmen mehr geben sollte, werden die Rechtsextremen das Rütli in Beschlag nehmen. Und dies nicht allein. Die Medien werden dann ebenfalls vor Ort sein und darüber berichten, auch internationale Medien. Es interessiert, was die Schweiz mit dem Rütli macht. Deshalb wären die Sicherheitsaufwendungen ohne offizielle Rütli-Feier nur unwesentlich kleiner.

* Herbert Amman ist Geschäftsführer der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft, deren Rütlikommission die Bundesfeier organisiert. Als Koordinator der Bundesfeier 2006 ist er auch für die Vergabe der Billette zuständig.

«Wir wollen keinen organisierten Rechtsextremismus auf dem Rütli»

Polizei orientierte die Einwohner

Die Kantonspolizei Schwyz liess gestern Mittwoch, 26. Juli, in den Gemeinden Ingenbohl und Gersau ein Informationsblatt zum 1. August verteilen. Der in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Ingenbohl entstandene Flyer enthält verschiedene aktuelle Informationen, wie Besucher aufs Rütli gelangen und wo sie sich informieren können.

Dazu wird laut einer Mitteilung der Kantonspolizei eine Infoline der Gemeindeverwaltung Ingenbohl eingerichtet. Ausserdem macht die Kantonspolizei Schwyz darauf aufmerksam, dass die öffentlichen Verkehrsmittel am Nationalfeiertag planmässig verkehren.

Die Überfahrt aufs Rütli allerdings werde nur über die Kontrollstelle beim Fussballplatz und via Schiffsteg im Fallenbach möglich sein.