«Extrem gefährliches Gedankengut»

Südostschweiz

«Extrem gefährliches Gedankengut»

Rechtsradikalismus ist kein Phänomen, das nur auf nationaler Ebene in Erscheinung tritt. Auch in See und Gaster gibt es Aktivitäten von nazistischen Gruppierungen.

Von Chiara De Zanet

In zwei Tagen feiert die Schweiz ihren Nationalfeiertag. Zeit für nationale Gefühle und Patriotismus, auch in der Region. Die letzten Wochen haben gezeigt, dass man sich dafür nicht zu schämen braucht – solange es keine radikalen Ausmasse annimmt.

In den Medien war in den letzten Tagen immer wieder vom «Sturm auf das Rütli» rechtsradikaler Gruppierungen zu hören. Nach den letztjährigen Vorkommnissen dort war die Bevölkerung aufgeschreckt. Viele bagatellisierten die Sache aber auch und sprachen von «jugendlichen Spinnern», bei denen sich das mit dem Alter schon geben würde. Zudem sei es nur eine verschwindend kleine Minderheit, die solchem Gedankengut anhänge. Eine gefährliche Einschätzung, wirft man einen Blick auf Gruppierungen in unserer Region.

Grosse Aktivität

Felix Hof, Leiter des regionalen Beratungszentrums in Rapperswil-Jona (RBZ), weiss von grösseren rechtsradikalen Verbänden in der Region: «Es befinden sich Zellen in Eschenbach und St. Gallenkappel sowie ein notorisches Zentrum in Wagen.» Die Zahl beteiligter Personen schwanke permanent. Man gehe aber von rund 20 Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus, so Hof. «Sie verbreiten extrem gefährliches, rechtes und nazistisches Gedankengut.» Es fänden regelmässige Treffen statt, was für eine grosse Aktivität spreche.

Indikatoren für Verabredungen am 1. August habe man beim RBZ momentan nicht. Internetaufrufe habe man keine eruieren können. Allerdings seien rechtsradikale Gruppierungen momentan gewarnt durch die Berichterstattung in den Medien. «Sie benutzen andere Kommunikationswege wie MMS oder SMS, um sich zu verabreden.» Dennoch versuche man beim RBZ alles, um an Informationen zu kommen. «Wir beobachten die Lage ständig», so Hof. Auch um zu verhindern, dass andere Jugendliche beeinflusst würden. Denn in den Gemeinden werde viel zu oft weggeschaut.

«Als Gemeinde hilflos»

Josef Blöchlinger, Gemeindepräsident von Eschenbach, sind allerdings keine grösseren Gruppierungen in der Gemeinde bekannt. «Vor einigen Jahren gab es hier Vorkommnisse. Die Aktivität ist aber stark zurückgegangen.» Zwar kenne er Einzelpersonen, die sich dem rechtsradikalen Gedankengut verschrieben hätten; sie organisierten sich aber nicht mehr in Gruppen.

Auf die Frage, was man denn unternehmen würde, wenn es nazistische Gruppierungen in Eschenbach gäbe, sagt Blöchlinger: «Wir können praktisch nur etwas unternehmen, wenn sie strafbare Handlungen begehen.» Das Gedankengut an sich sei ja nicht strafbar. Man sei solchen Gruppierungen gegenüber deshalb etwas hilflos.

Präventiv habe man in Eschenbach einen Jugendtreff eingerichtet. Dieser funktioniere aber nur durch die Mitarbeit der Jugendlichen. «Wenn die das nicht wollen, können wir auch nichts machen», so der Gemeindepräsident. Der Jugendtreff werde durch eine Aufsichtsperson überwacht. «Deshalb haben wir in den letzten Jahren kaum Probleme mit Rechtsextremen gehabt.»

Rückgang in Kaltbrunn und Benken

Heribert Hubatka, Gemeindepräsident von St. Gallenkappel, ist in seiner Gemeinde auch nichts bekannt. «Es gab vor einiger Zeit Leute, die sich nach Eschenbach orientiert haben. Das ist aber nicht mehr aktuell.»

Der Gemeindepräsident von Jona, Benedikt Würth, konnte ferienhalber betreff Wagen nicht befragt werden.

Nicht nur Eschenbach und Jona, auch andere Gemeinden im Linthgebiet kennen die Probleme mit einer aktiven rechtsradikalen Szene. Daher ist Ernst Räber, Schulpräsident von Kaltbrunn, froh, dass man in seiner Gemeinde einen massiven Rückgang verzeichnen kann. «Dennoch gibt es noch national-rechtsradikal gesinnte Personen in Benken und Kaltbrunn.»

Oft finde man Ansätze der Gesinnung schon bei den Eltern der Beteiligten, die dann in extremerer Form von den Kindern weitergeführt würden. Zwischen fünf und acht Sympathisanten seien ihm pro Gemeinde bekannt. Diese seien aber zum Glück nicht mehr so militant. «Noch vor einigen Jahren waren Leute aus unserer Gegend national aktiv», erklärt der Schulratspräsident. Zwei Aktivisten stammten aus Eschenbach.