Massive Polizeipräsenz

Langenthaler Tagblatt

Fackelzug gegen Gewalt verliefruhig. Mit rigorosen Kontrollen in und um Langenthalkonnte die Kantonspolizei am Samstag verhindern, dass es Umfeld des Fackelzuges gegen die Gewalt zu Ausschreitungen kam.

Weil das Ganze sehr ruhig und geordnet ablief, beim Fackelzug gegen die Gewalt im Oberaargaunur die minimale Einsatz-Variante zum Tragen, sagte der Langenthaler Gemeinderat Werner Meyer (Ressort öffentliche Sicherheit) auf Anfrage. Zahlen zum Polizeiaufgebot geben «aus taktischen Gründen»weder er noch die Kantonspolizei bekannt. Nur soviel: Der grösste Teil wurde gar nicht gebraucht.Innerhalb einer Minute, so Meyer, wären massive Polizeikräftean Ort und Stelle gewesen. Auf Platz war die Polizei zuvor bei denEinfallstrassen zu Langenthal und beim Bahnhof. Wer um 17 Uhr mit Auto von St.Urban nach Langenthal fuhr, musste ausserorts auf rund 30 Stundenkilometerabbremsen und eine Gesichtskontrolle über sich ergehenlassen. Ähnliches geschah auch auf anderenZufahrtsstrassen, wie der Redaktion berichtet wurde. Auch wer mitdem Zug anreiste, tat dies unter dem Auge des Gesetzes. allen grossen Bahnhöfen gab es Meldung nach Langenthal, wenn verdächtige Personengruppen eingestiegen waren.

Die Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei habe funktioniert, so Meyer weiter. Und vor allemwar man gut informiert: «Wir wussten, dass wir mit absolutkeinen Rechtsextremen rechnen mussten». Auch dasAuftreten des so genannten «schwarzen Blocks» überraschte Polizei nicht, schliesslich hatte das «Bündnisgegen rechts» im Internet und somit schweizweit zurTeilnahme aufgerufen.

Überrascht war hingegen Susanne Röthlisberger, Präsidentin der EVP Langenthal. Nachdem ihreVorredner von den rund 20 vermummten, Fahnen schwenkenden und Transparente tragenden Linksextremen durch Zwischenrufe gestört wurden, habe sie denvorbereiteten Text weggelegt und beschlossen, nur ein paarkurze Sätze zu sagen, erklärte sie auf Anfrage. «Ichhabe mich geärgert, das war schade um die ganzeVeranstaltung», ist ihr Kommentar. Gegen Gewalt im Allgemeinenwerde sie sich auch in Zukunft einsetzen, soRöthlisberger weiter, aber: «ich finde es nicht richtig, wennes nur gegen Gewalt von rechts geht.» Für dieZwischenrufer hat sie kein Verständnis: «Das war destruktiv undunfair».

(gé)

«Hinschauen – nicht wegschauen»

Langenthal Beim Fackelzug gegen Gewalt wurdeeine Aktion «Courage» angekündigt. Rund 500 Personen setzten am Samstagabend vor dem Langenthaler «Choufhüsi» ein feuriges Zeichen gegen dieGewalt. Es soll nicht das letzte bleiben: JPO-PräsidentSimon Schärer kündigte eine «Aktion Courage» fürLangenthal an.

Wegschauen ist der Anfang vom Niedergang»,betonte als erster Redner der LangenthalerStadtpräsident Hans-Jürg Käser in der Marktgasse vor dem «Choufhüsi», dem Ziel des Fackelzuges vomBahnhof bis ins Stadtzentrum. «Schaut hin» forderte er die «schweigende Mehrheit auf», genauso wie Regierungsstatthalter Martin Lerch, der seine Kurzansprache unter den Titel «Null Toleranz»stellte. «Wir wollen nicht zu einem Amtsbezirk oder zueiner Region werden, wo Gewalt eine Chance hat»,unterstrich der Repräsentant des Kantons und machte klar,dass er wie Hans-Jürg Käser Gewalt meint, «egal auswelcher Ecke sie kommt».

«Sache der Gesellschaft»

Es sei nicht die Sache des Lakuz oder dertürkischen Familie gewesen, die das jüngste Opferrechtsextremer Übergriffe gewesen waren, diese Demonstration organisieren, sondern der Gesellschaft,erwiderte Simon Schärer Vorwürfe, die im Vorfeld desFackelzuges an ihn gerichtet worden sind. Schärer ist Präsident Jugendparlamentes Oberaargau (JPO), das unterden 19 unterstützenden Organisationen des Fackelzugs Federführung übernommen hatte. Mit seiner Warnung vor Zuständen wie im DrittenReich legte Res Ryser, Präsident der Langenthaler SP, Schwerpunkt seiner Betrachtungen etwas mehr auf Gewalt von rechts, während Dominik Bucheli von Grünen Freien Liste Langenthal sich in dieserSache zu einem schwarz-weissen Weltbild bekannte: «Denn sich nicht gegen rechte Gewalt wendet, fördertsie». Kein Blatt vor den Mund nahmen die Vertreter desAutonomen Kulturzentrums (Lakuz) Aline Wyss und SergeWüthrich. «Es ist erschreckend, dass erst einGewaltexzess in diesem Ausmass Medien, Politik, Polizei und Bevölkerung aufzurütteln vermag», klagte Wyss Wüthrich rief dazu auf, die herrschendebürgerliche Ordnung durch ein basisdemokratisches, selbstbestimmtes System zu ersetzen.

Zwischenrufer störten Ansprachen

Obwohl die von der Gemeinde aufgebotene Kantonspolizei bereits Stunden vor demFackelzug mit einem riesigen Aufgebot an allenEinfallstrassen strikte Kontrollen durchgeführt hatte, gelang es rund20 mit Roger-Staub-Mützen vermummten Personen des berüchtigten «Schwarzen Blockes» aus Bern, die Demonstration mit Zwischenrufen zu stören:Susanne Röthlisberger, Präsidentin der EVP Langenthalverliess deswegen das Rednerpult schon nach wenigenSätzen. Minne herrschte erst am Schluss der rundzweistündigen Veranstaltung, als der Musiker Mauro Grossud gemeinsam mit dem Publikum das Lied «We shall overcome» sang.

Das nächste Zeichen

Martin Lerch hat letzte Woche die Gemeinden desAmtes und die Inhaber von Clublokalen schriftlichdazu aufgefordert, bei der Bewilligung von Anlässenwachsam zu sein, um illegale Versammlungen aller Art zu verhindern. Simon Schärer wiederum wird in«zwei, drei Wochen» die am Fackelzug beteiligten 19 Organisationen zusammenrufen, um die «Aktion Courage» nach Burgdorfer Vorbild zu lancieren. Dort hatten sich nach rechtsextremistischen Ausschreitungen im Sommer 2001 über 1500Personen schriftlich dazu bekannt, Gewalt – ob vonrechts oder links – nicht schweigend hinzunehmen. DerLichterumzug vom 21. Dezember 2001 musste in Burgdorf dann allerdings abgesagt werden: Wegen mangelnder Teilnahme. (gé)

«We shall overcome»

Kommentar: Wir werden siegen» heisst der Titel Liedes, das Mauro Grossud am Schluss der Demonstration gegen die Gewalt anstimmte. Erhabe einst bei den Zürcher Jugendunruhen diePolizeigewalt am eigenen Leibe erfahren, erzählte er, bevorer in die Saiten griff. «We shall overcome» – dachtedabei Mauro Grossud an denselben Sieg wieRegierungsstatthalter Martin Lerch, der in der Menge kräftig mitsang?Wohl kaum.

Kommentar

gérard Bornet

Das ist das Problem, wenn ganz allgemein vonGewalt die Rede ist. Es ist deshalb nötig, sich nichtnur von aller Gewalt zu distanzieren, sondern ausdrücklichgegen die Gewalt, die sich Andersdenkende, Andersfarbige Andersartige zur Zielscheibe nimmt. Denn diesewar der Anlass zum Fackelzug, gegen diese musste ein«starkes Zeichen» gesetzt werden. Die vermummten Störenfriede des «SchwarzenBlocks» haben bei der Kundgebung ein für ihreVerhältnisse zwar harmloses, aber genügend eindrücklichesBeispiel linksextremer Gewalt gegeben. Auch diese ist zu verurteilen. Extremismus ist in jeder Formgefährlich. Es ist aber auch gefährlich, dem Extremismus nachzugeben, der in Langenthal für unrühmliche Schlagzeilen sorgte. Und dies geschiehtbeispielsweise, wenn Veranstaltungen nicht mehr durchgeführtwerden können, weil Randale droht. Aline Wyss,Vertreterin des Autonomen Kulturzentrums Langenthal (Lakuz) gab ihrer Ansprache Beispiele dafür. Ins Schlusslied einstimmen konnten alle, weilsich alle ihren Teil dabei dachten. Es ist zu hoffen,dass die angekündigte «Aktion Courage» auch den Mutaufbringt, die Sache beim Namen zu nennen. Sonst drohtdas, was Mauro Grossud in seiner Einleitung ebenfallsbeklagte: «Die Geschichte wiederholt sich immer wieder.»