«Ein starkes Zeichen gesetzt»

BernerZeitung

400Demonstranten haben am Samstagabend an einer friedlichen Kundgebung gegen rechteGewalt teilgenommen. Alle Parteien waren sich einig: Die Problememüssen gemeinsam gelöst werden.

MarcelZulauf

«Wenn ichmich hier umschaue, bin ich stolz. Denn wir haben ein starkes Zeichengesetzt.» Mit diesenWorten begrüsste Simon Schärer, Präsident des OberaargauerJugendparlaments, dieKundgebungsteilnehmer vor dem Langenthaler Choufhüsi. Er appellierte andie Bürger,«Zivilcourage» zu zeigen: «Es ist eine Sache der Gesellschaft, gegen dieGewalt zu kämpfen.» ZumFackelumzug vom Samstagabend hatte das Jugendparlament zusammen mit 18Organisationen und Parteien aufgerufen. Damit wollten sie auf diegewalttätigen Vorkommnissevom 20. und 21. September reagieren (siehe Kasten). Soversammelte sich denn um halb sieben Uhr eine sehr bunte Schar beimLangenthaler Bahnhof. Einkleine vermummte Gruppe des radikalen «schwarzen Blocks» vermischte sich mit lokalenPolitikern und Bürgern. Die rund 400 Teilnehmer, so Schärers Schätzung,setzten sich kurzeZeit später Richtung Choufhüsi in Bewegung.

Augen aufstatt wegsehen

«Allescheinen empört und sind es vielleicht wirklich, aber damit hat essich.» In ihrer Ansprachegriff Aline Wyss vom autonomen Kulturzentrum Lakuz einen Punkt auf, denauch die StadtLangenthal beschäftigt. Grund: Bisher hat einzig die Stadt auf dieGewalttaten mit einer Anzeigereagiert. Aline Wyss forderte die Demonstranten deshalb auf: «Macht die Augen auf undschaut nicht weg.» AuchRegierungsstatthalter Martin Lerch meldete sich zu Wort: «Wir wollenkeine Gewalt», betonte er inseiner Ansprache, die immer wieder durch Zwischenrufe gestört wurde. Der Statthalterliess sich aber nicht aus der Ruhe bringen und versprach: «Wir werdenmit der ganzenPalette an Möglichkeiten gegen Gewalt vorgehen.» Das Wort ergriffschliesslich auch derLangenthaler SP-Präsident Res Ryser: «Ich bin überwältigt ob all derLeute, die gekommensind.» Wie alle Redner forderte er das Publikum auf: «Wir müssengemeinsam gegen Gewaltantreten.»

Polizei mitGrossaufgebot

Auf denFackelumzug hatte sich die Polizei intensiv vorbereitet. Und sie wardenn auch mit einemgrösseren Aufgebot in Langenthal präsent – um eventuelle Ausschreitungen verhindern.Einschreiten mussten die Beamten allerdings nicht. Gemäss derKantonspolizei verlief nichtnur die Kundgebung, sondern auch die Samstagnacht ruhig. FDP-Gemeinderat Werner Meyer,Vorsteher des Amts für öffentliche Sicherheit, bestätigte: «Es wurdenkeine Skinheadsgesehen, und es gab auch keine negativen Vorfälle.»

Aktioneinfach kopieren?

DasJugendparlament Oberaargau will nach der erfolgreichen Demonstration einweiteres Zeichensetzen. Wie in Burgdorf soll in Langenthal eine Aktion Courage gestartetwerden. «Die Idee vonCourage ist eben, das man hinschaut», erklärt Simon Schärer. Mit den Burgdorfernhat er deshalb schon Kontakt aufgenommen. Demnächstsoll nun mit verschiedenen Parteien das Gespräch gesucht werden. DazuFDP-Gemeinderat Werner Meyer: «Ich weiss nicht, wie sinnvoll es ist, dasBurgdorfer Modell zukopieren.»

30 rechte Randalierer

Es geschah inder Nacht auf Samstag, 21. September 2002: Eine Gruppe von 30 Skinheads zerstörtezuerst das Lakuz (Langenthals autonomes Kulturzentrum), richtete imStadtzentrum weiterenSachschaden an, beschädigte beim Spital ein parkiertes Auto und griff umetwa 3.40 Uhr einetürkische Trauerfamilie vor dem Spital an. Die alarmierte Polizei rücktemit etwa 15 Mann an.Ihnen gelang es, eine weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern. Doches dauerte bis etwaViertel vor sechs, bis sich die Lage beruhigt hatte. Drei Personenwurden leicht verletzt. Derangerichtete Sachschaden wurde von der Kantonspolizei auf mehrere zehntausendFranken geschätzt. DieGewalttaten wurden in der Folge scharf verurteilt. «In solchen Fällendürfen wir absolut keineToleranz zeigen», meinte beispielsweise Regierungsstatthalter MartinLerch (SVP). Und dieLangenthaler Stadtregierung reagierte mit einer Strafanzeige. rbl

«Zerstören ist immer einfacher»

«DiesesVerhalten können wir nicht dulden.» Nach dem Fackelumzug hatStadtpräsident Hans-Jürg Käser das Wort ergriffen – und die Gewaltakte verurteilt.

Hier die wichtigsten Passagen seiner Rede.

Hans-JürgKäser

«Gewalt inirgendeiner Form können und wollen wir nicht dulden! Darum hat die Stadt Strafanzeigeeingereicht – wegen Sachbeschädigung und Landfriedensbruch. Der Gemeinderatwill ein starkes Zeichen setzen und zeigen, dass er dieses Verhaltennicht akzeptiert!» «Gerade wirSchweizer sollten als Beispiel gelten für eine Form des Zusammenlebens, geprägt istvon Toleranz, gegenseitiger Achtung und Respekt vor andern Ideen und Idealen.(…) Darum ist es sehr bedenklich, wenn keine Zeugen auftreten wollen,die bereit sind, sich zuouten und Stellung zu beziehen! Dieses Wegschauen, diesesSich-nicht-einmischen-Wollen ist der Beginn eines Niedergangs, gegen denwir uns mit aller Kraft stemmenmüssen!»

«Zerstörenist immer einfacher – aber es setzt eine verhängnisvolle Spirale nachunten in Gang, die dieGefahr in sich birgt, immer rascher zu drehen und die Menschen komplett verunsichern.Es gibt auf der Welt genügend Beispiele dafür – das dürfen wir bei uns Langenthalnicht aufkommen lassen.» «Ich möchteden Slogan wieder mit gutem Gewissen nach aussentragen können. Erhat den Zweck, gegen aussen ein positives Zeichen zu setzen und denMenschen hier vor Ortzu zeigen, dass man gemeinsam etwas aufbauen, etwas erreichen kann – manchmalgegen Widerstände, aber in Anstand und Würde! Darum appelliere ich an schweigendeMehrheit: Schauen Sie hin, unterstützen Sie die positiven Kräfte, wirkenSie als Vorbilder,bringen Sie sich selber aktiv ein für die Gestaltung unsererGesellschaft – das wäre im bestenSinne nachhaltig und zum Wohle unserer eigenen Kinder!»