Langenthal behält seine 47 Politiker

BernerRundschau

Stadtrat Exekutive und Legislative werden nicht kleiner, dafür soll eine Tagesschule entstehen

Stadt- und Gemeinderat werden nicht verkleinert: Robert Brechbühl scheiterte gestern Abend im Stadtrat mit seinen Anträgen zur neuen «Stadtverfassung» klar. Diese wurde einstimmig genehmigt. Daneben sprach sich der Rat für die Schaffung einer Tagesschule aus.

Es war für die meisten Stadträte der «falsche Moment», um über eine Verkleinerung von Stadt- und Gemeinderat zu diskutieren, wie sie SP-Stadtrat Robert Brechbühl gestern bei der Beratung der neuen Gemeindeordnung (GO) forderte (wir berichteten). Zuerst müsse die neue GO vom Volk angenommen werden, «denn sie entspricht in vielen Punkten nicht mehr den kantonalen Vorschriften», sagte Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP). Viele Stadträte befürchteten zudem, dass man mit einer Reduktion von Exekutive und Legislative so kurz vor der Abstimmung vom 21. Juni «das Fuder erneut überladen würde», wie Beatrice Lüthi für die FDP sagte. Danach sei die Partei bereit, über das Thema zu diskutieren. Eine Verkleinerung des Stadtrates erhöhe die Arbeitsbelastung für jeden einzelnen Stadtrat, sagte EVP-Fraktionspräsident Daniel Rüegger. Gar nicht diskutiert wurde im Plenum über die Verkleinerung des Gemeinderates.

«Pnos raus aus dem Stadtrat»

Seine Anträge kämen weder im falschen Moment noch seien sie Schnellschüsse, sagte Brechbühl. «Das Ressort Industrielle Betriebe im Gemeinderat ist weggefallen, und seit Monaten wissen wir, dass die Stadtpolizei 2010 in die Kantonspolizei integriert wird.» Wenn man immer nur abkläre und abwarte, komme man nicht weiter. «Wir dürfen jetzt die Chance nicht verpassen, mit der Reduktion des Gemeinderates von 7 auf 5 Mitglieder Impulse zu setzen.» Eine Reduktion sei auch eine Chance, die Verantwortung und die Kompetenzen im Gemeinderat gleichmässig auf alle Schultern zu verteilen. «Und wenn wir den Stadtrat von 40 auf 30 Mitglieder verkleinern, dann können wir hier künftig richtig kontrovers diskutieren.»

Das müsse zuerst diskutiert und evaluiert werden, sagte dazu FDP-Sprecherin Lüthi, und Stapi Rufener warf die Fragen auf: «Wie kommt man genau auf die Zahl von 30 Mitgliedern, und was passiert dann mit den Kommissionen? Werden die auch verkleinert?» Vor diesem Hintergrund erhielt Brechbühl nur wenig Sukkurs von seinen Stadtratskollegen. Urs Masshardt (SP) etwa sah in der Verkleinerung des Stadtrates eine Chance, die rechtsextreme Partei national orientierter Schweizer (Pnos) aus dem Parlament zu bringen.

Abstimmung im Juni

Brechbühl konnte schliesslich vier (Reduktion Stadtrat) respektive drei Stimmen (Reduktion Gemeinderat) sowie je drei Enthaltungen für seine Anträge verbuchen. In der Schlussabstimmung wurde die neue «Stadtverfassung» einstimmig angenommen. Das Volk stimmt damit am 21. Juni zum zweiten Mal über das Regelwerk ab. Im letzten Frühling war das Geschäft an der Urne gescheitert, nachdem im letzten Moment die Finanzkompetenzen von Stadt- und Gemeinderat verdoppelt wurden. Nun werden die Kompetenzen für einmalige Ausgaben «moderat um 50 Prozent» angehoben, wie Rufener erklärte. Daneben wird neu in der «Stadtverfassung» die Möglichkeit erwähnt, dass die Stadt Aufgaben an Dritte vergeben kann.

Klares Ja zur Tagesschule

Zudem hat sich der Stadtrat an seiner gestrigen Sitzung für die Schaffung einer freiwilligen öffentlichen Tagesschule ausgesprochen. Eine entsprechende Motion von Daniel Steiner (EVP) wurde mit 27 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 9 Enthaltungen überwiesen. Nur die SVP-Fraktion sprach sich gegen Steiners Anliegen aus: «Dass Tagesschulen kommen, ist so sicher wie das Amen in der Kirche», sagte Helena Morgenthaler. «Doch der Zeitpunkt erscheint uns jetzt zu früh.» Der «richtige» Zeitpunkt kommt für die SVP erst, nachdem der Berner Grosse Rat im kommenden Herbst die Debatte über die Revision des Volksschulgesetzes 2008 geführt hat. Mit dieser Revision sollen Tagesschulen Teil der Volkschule und flächendeckend eingeführt werden. Mit dieser Meinung stand die SVP allerdings alleine da. «Wir sollten jetzt über Tagesschulen nachdenken und konzeptionell daran arbeiten», erklärte Rolf Bär (FDP). «Das gibt uns einen Vorlauf», sagte Laura Baumgartner (SP, Bildung und Jugend) stellvertretend für den Gemeinderat, der sich ebenfalls hinter die Motion stellte.

Motionär Daniel Steiner lehnte den Vorschlag der SVP-Fraktion ab, seine Motion in ein Postulat umzuwandeln. «Entweder bekennen wir uns heute und jetzt zu einer modernen, zukunftsgerichteten Stadt, oder nicht.» Der Stadtrat bekannte sich dazu.

Einfachturnhalle genehmigt

Gemeinderätin Paula Schaub (EVP) bat um «ein Ja für die Volksgesundheit, die Prävention und für den Sport». Das Ja erhielt sie einstimmig bei einer Enthaltung und Langenthal erhält damit für 1,5 Millionen Franken eine weitere Einfachturnhalle bei der Heilpädagogischen Schule Langenthal (HPS). Dort war ursprünglich eine Kleinturnhalle vorgesehen (wir berichteten). Die grössere Halle würde das Platzproblem der Vereine «mittelfristig entschärfen», nicht aber «langfristig lösen», sagte Schaub. Dass man diesem Problem auf eine derart günstige Art und Weise begegnen kann, war schliesslich für alle Parteien ein bestechendes Argument: «Hier können wir mit geringem Aufwand einen hohen Nutzen innert kurzer Frist erzielen», brachte es Hans-Ulrich Jordi (SVP) auf den Punkt. Zusammen mit Fritz Fiechter (SP) regte er aber an, die Minimalgrösse von 26 x 15 Meter zugunsten der Grösse 28 x 16 Meter noch einmal zu überprüfen. «Damit könnten noch mehr Anlässe durchgeführt werden», so Fiechter. Die Stadt hat nur die Mehrkosten für den Hallenbau zu tragen. Durch einen Beitrag des Sportfonds des Kantons Bern wird dieser Betrag voraussichtlich noch verringert.