Stadt greift bei Jugendlichen durch

BernerZeitung

Jugendliche unter 13 respektive 16 Jahren sollen sich in Thun nachts nicht unbeaufsichtigt im öffentlichen Raum mehr aufhalten.

Ein «botellón» (Massenbesäufnis) der Jugend, wie es derzeit in diversen Schweizer Städten für harsche Diskussionen sorgt, ist in Thun zwar (noch) nicht angesagt. Dennoch ist den Stadtverantwortlichen der erhöhte und oftmals unkontrollierte Alkoholkonsum von Jugendlichen in Gruppen aufgefallen. Nun will der Thuner Gemeinderat handeln: In den Monaten September und Oktober wird die Polizei unter dem Label «Aktion Bänkli» vermehrt und gezielt Kontrollen durchführen.

Bis zu Gefährdungsmeldung

«Wir können und wollen kein Elternersatz sein. Aber der Polizei und mir selber ist aufgefallen, dass der Alkoholkonsum der Jugendlichen im öffentlichen Raum deutlich zugenommen hat», sagt der zuständige SP-Gemeinderat?Peter Siegenthaler. «Einzelne Rückführungen von alkoholisierten Jugendlichen durch die Polizei zeigten, dass viele Eltern nicht wussten, wo sich ihre Kinder aufhielten.?Oder dass sie teilweise nicht einmal wussten, dass diese gar nicht Zuhause waren.»

Dem soll nun ein Riegel geschoben werden: Die Polizei Thun wird gezielte Personenkontrollen durchführen. Schulpflichtige unter 13 Jahren sollen sich demnach nach 22 Uhr nicht mehr ohne Begleitung Erwachsener im öffentlichen Raum oder in?Gastgewerbebetrieben aufhalten; für Jugendliche unter 16 Jahren gelten dieselben Bestimmungen, allerdings erst nach Mitternacht. Wer zudem unter 16, respektive 18 Jahre alt ist und in der Öffentlichkeit durch Alkoholexzesse oder schwere Störungen der öffentlichen Ruhe und Sicherheit auffällt, muss ? falls er oder sie mehrmals erwischt wird ? mit einer Gefährdungsmeldung an die Vormundschaftsbehörden oder mit Strafanzeigen rechnen.

Für mehr Sicherheit

«Es geht bei der ?Aktion Bänkli? nicht um?Schikane an Jugendlichen», betont Siegenthaler. «Wir wollen die Eltern für ihre Sorgfaltspflicht sensibilisieren, den Alkoholkonsum Jugendlicher eindämmen und dadurch auch den achtlos liegen gelassenen Abfall verringern. Und letztlich soll auch das Gefühl der Sicherheit in der Bevölkerung mit der Aktion gestärkt werden.»

Sollte die «Aktion Bänkli» Erfolg zeigen, wird über eine eventuelle Weiterführung diskutiert werden. «Da es sich dabei um einen Bereich der polizeilichen Grundversorgung handelt, wird die Stadtkasse nicht zusätzlich belastet», wirft Siegenthaler einen Blick auf die knappen Stadtfinanzen.

Sorgenkind Bahnhof

Mehr Sorgen macht dem Thuner Gemeinderat allerdings die Situation am Bahnhof Thun, wie Siegenthaler sagt: «Uns fallen diverse Ansammlungen von Jugendlichen, Randständigen und Leuten aus der rechtsextremen Szene rund um den Thuner Bahnhof auf.» Allerdings seien der Polizei dort die Hände gebunden, denn das SBB-Gelände liegt im Hoheitsgebiet der Bahnpolizei.

SBB-Mediensprecher Roland Binz relativiert die Aussagen des Gemeinderats: «Am Bahnhof Thun, wie an vielen anderen Bahnhöfen auch, gibt es Ansammlungen von Menschen unterschiedlichster Couleurs. Uns sind jedoch keine gravierenden Zwischenfälle bekannt.» Demzufolge könne die Bahnpolizei auch nicht eingreifen. Diese sei angewiesen, die Hausordnung durchzusetzen, beispielsweise mit dem generellen Bettelverbot. «Zudem müssen Bahnhofshops sich an die gesetzlichen Vorgaben halten ? also kein Alkoholverkauf an unter 16-, respektive 18-Jährige. Nach 22 Uhr wird generell kein Alkohol verkauft.» Dennoch sei es nicht das Problem der SBB, «wenn irgendwelche Menschen ihre Gesundheit mit übermässigem Alkoholkonsum gefährden.» Hier seien zuerst die Eltern gefordert.

Heinerika Eggermann