Rechtsextremer muss vor Strafgericht

Basler Zeitung vom 17.07.2010

Der Ex-Präsident der Pnos beider Basel wird der Holocaust-Leugnung beschuldigt

Auf der Internetseite der Pnos beider Basel ist bis heute ein Artikel abrufbar, der den Holocaust infrage stellt. Der vorbestrafte Philippe Eglin (22), bis vor Kurzem Präsident dieser Sektion, ist laut der Staatsanwaltschaft dafür verantwortlich. Am Mittwoch läuft der Prozess.

Susanna Petrin

Es gibt kaum ein geschichtliches Ereignis, das so gut dokumentiert ist wie der Massenmord an Millionen von Menschen während des Nazi-Regimes. Auch das Tagebuch des jüdischen Mädchens Anne Frank, eines der weltweit bekanntesten Opfer, ist mehrfach auf seine Echtheit geprüft und darin bestätigt worden. Trotzdem stellen Rechtsextreme diese Fakten immer wieder in Abrede und verstossen damit gegen den Antirassismusartikel.
Auch auf der Internetseite der Sektion beider Basel der Partei national orientierter Schweizer (Pnos) ist seit über einem Jahr ein Artikel abrufbar, der die Echtheit des Anne-Frank-Tagebuchs bestreitet und den Holocaust, die Massenvernichtung der Juden während des Zweiten Weltkrieges, leugnet. Unter anderen hat der Anne-Frank-Fonds dagegen Anzeige erstattet, nun muss sich Philippe Eglin, bis Ende Juni Präsident der Pnos-Sektion Baselland und Basel-Stadt, am Mittwoch vor dem Basler Strafgericht dafür verantworten.
Scheinargumente

Mit dem Artikel verbreite der Angeklagte «öffentlich eine Ideologie, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Juden gerichtet ist», heisst es in der Anklageschrift der Basler Staatsanwaltschaft. Er tue dies «unter Nennung pseudowissenschaftlicher Scheinargumente, wie sie in der Holocaust-Leugner und Revisionistenszene in diesem Zusammenhang häufig herangezogen werden».

Philippe Eglin habe bei den Befragungen jegliche Aussagen verweigert, sagt Gerichtspräsidentin Liselotte Henz. Er sei «uneinsichtig», und man stelle ihm «keine gute Prognose». Diese Aussage bestätigt der Basler Rechtsextremismusexperte Samuel Althof. «Das Verfahren schreckt Eglin nicht davon ab, in der rechtsextremen Szene weiterhin sehr aktiv zu sein.» Eglin habe unter anderem regen Kontakt zur Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), er versuche sich «als Leader zu etablieren». Ausserdem habe er sich offensichtlich nicht einmal darum gekümmert, dass die einschlägige Seite gelöscht wird.

Diese liegt gemäss Althof auf dem amerikanischen Server GoDaddy.com, «der mehrere rechtsextreme Seiten hostet». Der Angeklagte werde wohl versuchen, sich deshalb auf amerikanisches Recht zu berufen, das die freie Rede stärker gewichte als das Schweizer Gesetz. Doch der Inhalt der Webseite richte sich an Schweizer Leser, was eine wichtige Rolle spiele.

Samuel Althof hätte es wünschenswert gefunden, wenn die Basler Justiz die Seite per superprovisorischer Verfügung schon längst hätte sperren lassen. Gerichtspräsidentin Henz räumt ein, dass dies nach dem Gerichtstermin möglicherweise getan werde. Es ist gut möglich, dass es bald zum nächsten Verfahren wegen derselben Internetseite kommt: Althof hat Pnos-Schweiz-Vorstandsmitglied Denise Friederich wegen Rassendiskriminierung angezeigt. Sie zeichne derzeit als Herausgeberin und Redaktorin für den Inhalt der Pnos-Website mitverantwortlich.

Körperverletzung

Philippe Eglin, der sich am Mittwoch selber verteidigen wird, ist bereits wegen einfacher Körperverletzung vorbestraft. Die neue Tat fällt in die Bewährungsfrist. Den Vollzug der Vorstrafe inbegriffen, fordert die Staatsanwaltschaft nun eine Strafe von 60 Tagessätzen à 120 Franken, insgesamt 7200 Franken.

Ausserdem wurde der Logistikassistent vergangenen Herbst von seiner damaligen Arbeitgeberin, Novartis, wegen seiner mit der Konzernethik nicht zu vereinbarenden Gesinnung entlassen (die BaZ berichtete). Eglin und der neue Pnos-Präsident, Michael Herrmann, haben auf eine Anfrage der BaZ mit der Bitte um eine Stellungnahme nicht geantwortet.

Einköpfiger Vorstand

Philippe Eglin ist Ende Juni per sofort von seiner Position als Vorsitzender der Sektion Baselland und Basel-Stadt der Partei national orientierter Schweizer (Pnos) zurückgetreten. Der neue Präsident ist der einstige Kassier Michael Herrmann. Er ist derzeit das einzige Vorstandsmitglied dieser Sektion, die erst Anfang 2009 gegründet wurde. Dies bestätigt Samuel Althofs These, dass die Pnos «politisch völlig unbedeutend» sei, aber punktuell gefährlich werden könne. Der Basler Rechtsextremismusexperte beobachtet die Szene schon seit vielen Jahren. Ist Herrmann auch dabei? «Ja, das ist jedes Vorstandsmitglied der Pnos», sagt er.

Philippe Eglins Rücktritt wird auf der Internetseite der Pnos beruflich begründet. «Dieser persönliche Entscheid hat keinen Zusammenhang mit dem zurzeit hängigen Verfahren gegen Eglin wegen Rassendiskriminierung», heisst es darauf. Althof sagt dagegen, dass es typisch für die Pnos sei, Vorstandsmitglieder abzusetzen, sobald diese in ein Strafverfahren verwickelt seien: «Die Pnos will in einem guten Licht stehen.» spe