Rechtsextreme stören in Zürich eine Vorlesestunde von Dragqueens für Kinder

Neue Zürcher Zeitung. Die Neonazi-Gruppierung «Junge Tat» hat sich zur Aktion bekannt. Wegen des Vorfalls sind mehrere Anzeigen bei der Polizei eingegangen.

Für die Kinder hätte es ein freudiges Erlebnis sein sollen. Am Sonntag organisierte das Tanzhaus Zürich eine Vorlesestunde, bei der verschiedene Dragqueens auftraten. Die Idee hinter dem Anlass: Den Kindern Diversität, Inklusion und Toleranz vermitteln, ihnen verschiedene Geschlechteridentitäten und Rollenvorbilder zeigen.

Die Veranstaltung wurde jedoch von einer rechtsradikalen Gruppe gestört. Neun Neonazis blockierten den Kloster Fahr-Weg vor dem Tanzhaus, zündeten Rauchfackeln und skandierten Parolen. Andere wollten im Veranstaltungsraum ein Transparent entrollen, wurden aber daran gehindert.

Laut einer der beteiligten Dragqueens, Brandy Butler, hatte sich die rechtsradikale Gruppe unter das Publikum gemischt und der Veranstaltung über eine Stunde beigewohnt, ehe sie die Störaktion gestartet hätten. «Ich werde nicht zulassen, dass die faschistische Ideologie mein Leben oder meine Arbeit beeinflusst», schreibt Butler auf Instagram.

Als die Stadtpolizei Zürich eintraf, waren die Täter nicht mehr vor Ort. Auch die Familien hatten das Tanzhaus bereits verlassen. «Bei uns sind mehrere Anzeigen in diesem Zusammenhang eingegangen und im Moment laufen Abklärungen», sagt eine Sprecherin der Stadtpolizei auf Anfrage.

Die rechtsextreme Gruppierung «Junge Tat» hat sich auf Instagram und Twitter zur Aktion bekannt. Die Organisation besteht aus mehrheitlich sehr jungen Männern und ist aktiv in den sozialen Netzwerken. Im Netz findet man professionell gefertigte Videos oder Bilder der Mitglieder mit Sturmhauben. Die Gruppierung scheint sich einer steigenden Beliebtheit zu erfreuen – zumindest was ihren offenen Telegram-Kanal angeht. Zählte er im Januar 2021 noch 3800 Mitglieder sind es inzwischen bereits über 6000.

In den letzten Monaten haben die Neonazis mit verschiedenen homophoben und rassistischen Aktionen für Schlagzeilen gesorgt. An der Pride im Juni störten Mitglieder der Jungen Tat einen Gottesdienst. Am 1. Mai kletterten drei Neonazis auf dem Helvetiaplatz auf einen Baukran und befestigten dort ein Transparent.

Das Tanzhaus hat im neusten Fall Anzeige erstattet. «Die Veranstaltung, die Künstler:innen und nicht zuletzt unsere Gäste wurden massiv gestört und erschreckt», schreibt es in einer Stellungnahme. Und weiter: «Wir verurteilen diese Aktion aufs Schärfste. Das Tanzhaus Zürich ist und bleibt ein Ort der Begegnung, der Offenheit, der Toleranz und der künstlerischen Freiheit.»