«Sie wollten Aufmerksamkeit, die haben Sie bekommen»: Obergericht bestraft SVP-Politiker Naveen Hofstetter wegen Rassendiskriminierung noch härter

Aargauer Zeitung. Das Bezirksgericht Zofingen hatte Naveen Hofstetter, Präsident der SVP Rothrist, wegen Rassendiskriminierung verurteilt. Dieser zog das Urteil weiter, doch auch das Obergericht kam zum selben Schluss. Mehr noch, es bestraft ihn härter.

«Es gab, auf neudeutsch gesagt, einen rechten Shitstorm», fasste der Richter zusammen, und wollte von Hofstetter wissen: «Haben Sie seither etwas geändert?» Hofstetter verneint. «Ich äussere mich einfach zu den Abstimmungen. Sonst bin ich nicht sehr aktiv, ich gehe nicht täglich auf Facebook.»

Dass sich der SVP-Politiker vor Obergericht zu verantworten hat, hat mit verschiedenen Äusserungen in den sozialen Medien zu tun. Angefangen hat alles mit diesem Facebook-Post vor der Abstimmung zur Ehe für Alle: «Wenn wir es nun zulassen, dass in naher Zukunft dann auch afrikanische Flüchtlinge (mehrheitlich Männer) kleine Mädchen zwecks ‹figgifiggi› adoptieren dürfen, dann gute Nacht mit unserer Kultur.»

Eine verhängnisvolle Aussage in den sozialen Medien

Nachdem seine Facebook-Aussage für Aufsehen gesorgt hatte, löschte Hofstetter den betreffenden Post und entschuldigte sich. Er habe einen «unüberlegten und deplatzierten» Satz veröffentlicht, den er so nicht hätte schreiben sollen. Die Aargauer SP-Nationalrätin Gabriela Suter reichte dennoch eine Strafanzeige gegen Hofstetter ein.

Vor Obergericht gibt Naveen Hofstetter zu, seine Wortwahl sei unglücklich und unüberlegt gewesen, er spricht von einem Schnellschuss. «Das Thema Kultur stand im Vordergrund. Viele Leute kommen ins Land, die mit unserer Kultur nicht so vertraut sind», erklärte er den Richterinnen und Richtern. «In manchen muslimischen Ländern will man das Schutzalter auf neun Jahre herabsetzen. Gewisse Ansichten sind einfach nicht mit unserer Kultur vereinbar.»

Alles nur ein Missverständnis?

Hofstetter beteuert, man habe ihn falsch verstanden. «Ich wollte damit nicht sagen, dass homosexuelle Männer Kinder zwecks Missbrauch adoptieren würden. Das finde ich weit hergeholt, das wollte ich nie sagen.» Warum er gerade afrikanische Flüchtlinge erwähnt habe, will der Richter wissen. «Mir ging es nicht um Afrika. Eine Freundin hatte mir kurz zuvor noch von einem Erlebnis mit einem Afrikaner erzählt, wahrscheinlich war das noch präsent.»

Dieser erste Post war nicht das einzige Vergehen von Hofstetter. Zwei weitere Posts folgten, in einem schrieb er, es sei einfach die Realität, dass gerade die jüngsten Mädchen von Männern afrikanischer Herkunft belästigt würden. Mit der Erzählung seiner Kollegin begründet Hofstetter auch den zweiten Post und seine Wortwahl «figgifiggi» – die junge Frau sei in Kleinbasel so angesprochen worden. «Ob es ihnen eine Freundin privat erzählt, oder ob sie es der Welt auf Facebook mitteilen, ist ein Unterschied», erklärt ihm der Richter.

Richter: «Was sind denn für Sie unnatürliche Partnerschaften?»

Bei einer dritten Gelegenheit schrieb Hofstetter, das Gesetz zur Ehe für alle sei ein Schritt für weitere Forderungen zur Adoption in «unnatürlichen Partnerschaften». Hofstetter erklärt, ihm sei es um weitere Forderungen wie Leihmutterschaft gegangen, die nach der Ehe für alle folgen könnten. Die Richterinnen und Richter wollen es aber genauer wissen und bohren mehrmals nach, was er denn unter einer unnatürlichen Partnerschaft verstehe.

Hofstetter weicht aus, bezieht sich dann auf die Bibel. «Da gibt es einen klaren Text, in dem von widernatürlichen Partnerschaften geschrieben wird.» Das heisse aber nicht, dass Leute, die eine andere Meinung vertreten würden als er, falsch lägen. Er akzeptiere diese, «für mich als Adoptivkind war es aber sehr wichtig, dass ich einen männlichen und einen weiblichen Elternteil hatte». Hofstetter wurde im Babyalter von einer Schweizer Familie adoptiert, er stammt ursprünglich aus Indien.

Verteidiger: «Rassismus-Vorwurf ist absurd»

Im Plädoyer erklärt die Verteidigung, Hofstetters Äusserungen seien wohl zugespitzt und unglücklich gewesen, erfüllten aber nicht den Straftatbestand der Rassendiskriminierung. Er habe nichts Böses gewollt und sich lediglich an einer politischen Diskussion beteiligt. Der Verteidiger findet es gar «absurd, beim dunkelhäutigen Beschuldigten Rassismus zu vermuten».

Doch das Obergericht folgt dieser Argumentation nicht. Es bestätigt das Urteil des Bezirksgerichts Zofingen, das Hofstetter am 10. April zu einer bedingten Geldstrafe von 15’400 Franken verurteilt hatte. Das Obergericht reduziert die bedingte Geldstrafe zwar auf 11’900 Franken, ordnet aber eine Verbindungsbusse an: Hofstetter muss 2500 Franken bezahlen.

Es sei erwiesen, dass Hofstetter Afrikanische Flüchtlinge herabgesetzt habe, in dem er andeutete, diese würden sich vermehrt an Kindern vergehen. Auch der Begriff «unnatürliche Partnerschaft» für homosexuelle Paare sei nicht zulässig. «Damit bezeichnen sie diese Menschen als Menschen zweiter Klasse, das ist eine Diskriminierung», begründete der Richter das Urteil. «Wir haben nicht das Gefühl, dass sie aus der Sache wahnsinnig viel gelernt haben», sagte der Richter, und weiter:

«Sie wollten Aufmerksamkeit mit ihren Posts, die haben sie bekommen – allerdings auch von Polizei und Staatsanwaltschaft.»

Bereits nach der erstinstanzlichen Verurteilung hatte Naveen Hofstetter den Rücktritt aus der Geschäftsleitung der SVP Aargau erklärt. «Um einerseits mich selbst zu schützen und andererseits der Partei keinen Schaden zuzufügen», wie er sagte.