Altright-Anführer Richard Spencer ist der Prototyp des neuen Neonazis – darum lädt ihn die Pnos ein

Aargauer Zeitung.

Diese Woche ist der rechtsextremen Splitterpartei Pnos ein Coup gelungen. Sie konnte das Aushängeschild der Altright-Bewegung in den USA, Richard Spencer (40), als Redner für ihren Parteitag am 1. Dezember gewinnen. Sollte Spencer einreisen dürfen, was fraglich ist, würde er auf den Präsidenten der Pnos, Dominic Lüthard (35), treffen.

Es wird das Treffen zweier Rechtsextremisten mit Musikgehör, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Vorlieben. Lüthard wurde über den Rechtsrock der Skinhead-Szene politisiert. Er gründete die Band Indiziert und schrie Texte wie «Homos an den Nordpol» von der Bühne.

Richard Spencer dagegen hat zwar auch eine musikalische Vergangenheit in der Schweiz, allerdings in einem anderen Genre. Er absolvierte im Jahr 2002 ein Praktikum am Zürcher Opernhaus, wie er auf Anfrage sagt. Er half dem Regisseur Robert Wilson (77), Richard Wagners «Ring der Nibelungen» zu inszenieren.

Spencer erinnert sich: «Es war eine interessante Arbeit, auch wenn ich vor allem Kaffee gekocht habe.» Es ist eine Pointe der Geschichte. Während Lüthard vor Glatzköpfen im Berner Oberland Kampflieder sang, half Spencer, der «weisse Nationalist», in Zürich, den Lieblingskomponisten von Adolf Hitler zu inszenieren.

Neonazis geben sich gemässigt

Es passt, dass sich Spencer und Lüthard nun treffen. Denn die Pnos versuchte in den letzten Jahren, wegzukommen vom Sound der Skinheads hin zu etwas wohlklingenderen Tönen. Seit im Jahr 2006 eine Richterin das damalige Parteiprogramm der Pnos als «kollektive Schmähung der Ausländer» bezeichnet hatte, weil Fremden darin die Menschenrechte abgesprochen würden, frass die Partei Kreide. Das heutige Programm klingt wie ein durchschnittliches rechtspopulistisches Pamphlet.

Was die Pnos an Richard Spencer faszinieren dürfte, ist sein Talent, für seine rechtsextreme Ideologie Wind zu machen, ohne dass es gleich überall nach Nationalsozialismus stinkt. Wenn er sich Nazi-Rhetorik annähert, dann auf eine gewiefte Weise.

Dazu ein Beispiel: Zwei Wochen nach der Wahl von Donald Trump schrie Spencer am Ende einer Rede, «Hail Trump, hail our People, hail Victory» in den Saal. Darauf hoben einzelne Männer im Publikum die Hand zum Hitlergruss. Der Skandal schien perfekt. Doch dann trampte ein Journalist der «New York Times» in die Falle.

Als er schrieb, Spencer habe «Heil Victory», also «Sieg Heil» geschrien, erging gegen ihn der Vorwurf der «Fake News». Und der war formal gesehen nicht ganz falsch, denn Spencer hatte nicht das deutsche «Heil», sondern das englische «hail» benutzt, das man auch als «es lebe» übersetzen kann.

Spencer spricht nicht Nazi-Sprache, er benutzt Codes, die seine Anhänger dann schon verstehen. Die «New York Times» musste zähneknirschend korrigieren. Es ist diese Kunst des Kryptofaschismus, welche die hiesigen Rechtsextremen an ihren amerikanischen Vorbildern fasziniert.

Erfolg hatte die Pnos mit ihrer gemässigten Rhetorik bisher nicht. Laut dem grünen Politiker und Beobachter der rechten Szene, Hans Stutz, gelinge es der Pnos zwar immer mal wieder, eine neue Sektion zu eröffnen. Dafür gingen aber andere ein. Konkret sei die Pnos zwar zurzeit in der Region Basel sehr aktiv, gleichzeitig sei sie in der Innerschweiz, wo sie einst mehrere Sektionen hatte, nicht mehr präsent.

Ob Spencer einreisen kann, ist offen. Es gib das unbestätigte Gerücht eines Einreiseverbots im Schengenraum. Spencer sagt: «Ich weiss nichts von einem Einreiseverbot. Ich bin zuversichtlich, dass ich kommen kann.»