Zwischen Antifa und Wasserfallen

Der Bund

Berns Polizeidirektorin Ursula Begert hat genug von Antifa-Radau ? und «Mühe» mit Wasserfallschem Besserwissen

Wer nicht hören will, soll füh-len: Polizeidirektorin Ursula Begert will 2005 keine Antifa-Demonstration zulassen, und «Bitti-bätti» für Dialog gibt es auch nicht. Begert distanziert sich jedoch klar auch von Kurt Wasserfallen und der SVP-Polemik um die Reitschule.

interview: Rudolf Gafner

«bund»: Ihr Vorgänger im Amt, Kurt Wasserfallen (fdp), fordert vom Gemeinderat eine «genaue Untersuchung» der Ereignisse vom Samstag. Ihre Meinung als primär zuständige Polizeidirektorin dazu?

ursula begert: Ich habe Mühe mit seiner Forderung, allein schon, weil es sich ja von selbst versteht, dass eine Analyse stattfinden wird. Kommt hinzu: Herr Wasserfallen hat sich immer jede Einmischung verbeten, umgekehrt aber meint er ? nicht zum ersten Mal ?, uns sagen zu müssen, was wir zu tun hätten.

Hat die Gemeinderats-Sicherheitsdelegation funktioniert? Haben Sie Stadtpräsident Klaus Baumgartner und Vize-Polizeidirektor Alex Tschäppät (beide sp) eingeschaltet?

Ja, ich informierte sie ? wie auch den Gesamtgemeinderat ? im Vorfeld darüber, dass wir eine starke Polizeipräsenz planen, dass wir die Demonstranten zwar marschieren lassen, jedoch keine Sachbeschädigungen dulden würden.

Waren Sie in der Polizei-Einsatzzentrale dabei? Wenn ja, wie war Ihr Eindruck? Und haben Sie auf den Einsatz Einfluss genommen?

Ja, ich war anwesend und hatte den Eindruck, dass die Polizei sehr gut arbeitete, sich nie provozieren liess, professionell blieb. Von der Hektik auf der Strasse hat sich die Zentrale nicht anstecken lassen, es wurde sorgfältig, abwägend, sehr überlegt gehandelt. Es war beeindruckend, das mitzuerleben. Einmischen in laufende Einsätze würde ich mich nie, das wäre völlig fehl am Platz, ist nicht meine Aufgabe.

Geht es nach Ihnen, gibts 2005 kei-nen 6. Antifa-Abendspaziergang ? Sie haben genug. Heisst das, dass ein nächster im Ansatz verhindert, bereits zu Beginn aufgelöst würde?

Unter Umständen ja ? aber ich will die politische Unterstützung. Ich mache keine Alleingänge, der Gesamtgemeinderat müsste einverstanden sein. Ich möchte eine Entwicklung wie letzten Samstag gar nicht mehr entstehen lassen. Solche Anlässe dürfen in der Stadt Bern nicht zur Tradition werden.

Was würde passieren, wenn die Po-lizei eine solche Demonstration bei der Besammlung auflösen würde?

Muss die Polizei eingreifen, sind Sachbeschädigungen nicht völlig auszuschliessen, auch nicht, wenn schon am Anfang aufgelöst wird ? ja, im Gegenteil, es wird dann sogar grössere Sachbeschädigungen geben. Konfrontation zwischen Polizei und Demonstranten hat stets auch gewisse Schäden zur Folge. Nur, und das ist mir wichtig: Es ist ein Unterschied, ob man sagt, die Polizei nehme Sachbeschädigungen in Kauf, oder ob man sagt, Sachbeschädigung sei nicht völlig auszuschliessen. Wasserfallen behauptet, die Polizei nehme mit ihrer Deeskalationsstrategie Sachschäden bewusst in Kauf. Das trifft keinesfalls zu: Sachschäden werden nicht in Kauf genommen, sie können nicht immer ausgeschlossen werden ? das ist nicht dasselbe.

Sie werfen Antifa vor, sich als nicht lernfähig erwiesen zu haben. Bald ein Jahr nun machen Sie sich stark für Dialog. Einmal waren Sie auch in die Reitschule eingeladen, doch musste der Anlass ausgelagert wer-den, weil Drohungen vorlagen. Ist der Weg des Dialoges gescheitert?

Der Wille zum Dialog muss nun ganz klar von ihnen aus kommen ? und es muss etwas dabei herausschauen. «Bitti-bätti» mache ich sicher nicht! Wenn die Polizei mit Kundgebungsveranstaltern in Verhandlungen treten kann, dient das auch den Veranstaltern. So wie Antifa es angeht, gehts schlicht nicht.

Würde Antifa 2005 um Bewilligung ersuchen und auf Dialog eintreten, wären Sie dann bereit, den Abendspaziergang stattfinden zu lassen?

Dies bliebe zu prüfen, denn das wäre eine andere Dimension. Dass Jugendliche sich mit einer guten, eindrücklichen Demo gegen Faschismus und Rassismus wehren, dagegen habe ich nichts, gegen Radau und Krachschlagen aber viel.

Ihre frühere Partei, die SVP, wie Ihr Kollege Wasserfallen nehmen jetzt die Reitschule ins Visier. Sogar ein Aussetzen des Leistungsvertrags wird verlangt, denn die Reitschule habe einmal mehr als Chaotenbasis gedient. Wer dabei war, konnte jedoch beobachten, dass Reitschul-Engagierte sich diesmal bemühten, «unsichere Kantonisten» zur Räson zu bringen. Wie haben Sie es erlebt?

Ich war nicht selber vor Ort, aber ich finde schon auch, dass man das differenzierter anschauen sollte. Die Hände in Unschuld waschen kann sich die Reitschule anderseits sicher nicht, denn Gewaltbereite bewegen sich dort, gehen ein und aus. Die Leistungsverträge stehen hier aber nicht zur Debatte, da gehts um Kultur, nicht um «Antifaschistische Abendspaziergänge».