Was die Mutter nicht wollte, ist geschehen: dass jemand Ylenias Schicksal missbraucht.

SonntagsBlick

VON BENNO KÄLIN

Grösser hätte der Kontrast kaum sein können: Vor zwei Wochen der Trauergottesdienst für Ylenia mit vielen Kindern und ihren Farbballonen. Gestern Samstag schwarz vermummte Glatzen, viele mit der Bierflasche in der Hand.

Auf T-Shirts und Transparenten verbreiten die schwarz Vermummten Rassenhass-Parolen wie etwa «White Revolution – the only solution». Und fordern die Todesstrafe für Kinderschänder.

Ihre unbewilligte Kundgebung stösst Ylenias Mutter Charlotte (43) bitter auf: «Ich finde es deplatziert, wenn jemand das Schicksal meiner Tochter zu politischen Zwecken missbraucht», sagt sie zu SonntagsBlick. «Dabei spielt es gar keine Rolle, welche Gesinnung diese Leute haben. Ich will nicht, dass Ylenia verpolitisiert wird.»

Um 13 Uhr rotten sich die Rechtsextremen auf dem Brauereiparkplatz von Appenzell zusammen. Einige sind aus Deutschland oder Österreich angereist. Die geplante Route zum Gemeindehaus mitten durch den Ort hat die Polizei untersagt. Die Rechtsextremen lenken ein. Stattdessen dürfen sie zum Hallenbad marschieren: dorthin, wo Ylenia entführt wurde. Einige tragen Rosen und legen sie dort nieder.

«Es war ein unheimliches Schauspiel», sagt Bezirksammann Albert Streule (57). Und ratlos fährt er fort: «Ich kann ihre Motivation nicht einordnen.»

Warum wurde dieser Umzug denn nicht verhindert? Streule: «Wir waren pragmatisch, wir wollten keine Krawalle riskieren.»