Vermisster Lehrling Sascha Kübler (19)

Blick

Wurde ihm Neonazi-Szene zum Verhängnis?

VON ALEXANDER SAUTTER UND ADRIAN JÄGGI

BREITENBACH SO ? Sein T-Shirt ziert der Aufdruck «Böhse Onkelz». Der Hinterkopf ist geschoren, das dunkelblonde Deckhaar ist kurz. Sascha Kübler (19) sympathisiert mit der rechtsextremen Szene. Seit 9 Tagen ist er spurlos verschwunden.

Dieses Foto ist das letzte Bild, das Sascha vor seinem Verschwinden zeigt. «Habt ihr das mitbekommen von Sascha?», fragt ein anonymer Verfasser namens «Patriot» im Forum einer braunen Internetseite. Seit neun Tagen gibt es vom Schreinerlehrling kein Lebenszeichen mehr. Mitten in der Nacht verschwand der Jungschütze mit seinem Sturmgewehr. Nur wenige Tage zuvor half er bei den Vorbereitungen für die 1.-August-Feier. «Er hat sich so auf den Nationalfeiertag gefreut», weiss ein Kollege.Sascha ? ein Neonazi? «Wir denken hier in Breitenbach alle eher rechts. Sascha ist keine Ausnahme», so ein Freund. Auch seine Vorliebe für die rechtsradikale deutsche Band «Böhse Onkelz» teile er mit vielen. Ist Sascha abgehauen? Wurde er Opfer eines Verbrechens? Oder hat sein Verschwinden etwas mit seiner rechten Gesinnung zu tun? Die Polizei hat ganze Waldstücke nach ihm abgesucht ? erfolglos.«Sascha, wo bist du?», fragen sich seine Eltern immer wieder. Völlig verzweifelt haben sie für Hinweise zum Verbleib ihres Sohnes eine Belohnung von insgesamt 10000 Franken ausgesetzt. «Wir wollen, dass unser Junge gesund zurückkommt.»Was ist geschehen? Freitag, 6. Juli: Am Abend besucht Sascha einen Freund in Liesberg BL. Gegen 23 Uhr verlässt er dessen Wohnung: «Ich gehe morgen früh ans Kantonale Schützenfest», sagte er noch. Um 23 Uhr fährt er mit dem Auto seiner Mutter Claudia (39) weg.Warum er für die Strecke von Liesberg nach Breitenbach eine Stunde braucht (normal sind 15 Minuten), ist unklar. «Um Mitternacht holte er sein Sturmgewehr 90 und das Putzzeug», berichten die Eltern. Das Auto lässt er stehen. «Wir haben keine Ahnung, wo und mit wem er die Nacht verbrachte», sagt Vater Thomas (38) verzweifelt.Jedenfalls ist Sascha am Morgen des 7. Juli nicht wie vereinbart um 6.15 Uhr bereit. Seine Freunde des Schiessvereins Breitenbach fahren alleine ans Schützenfest. Für Saschas Eltern ist zu diesem Zeitpunkt klar, dass ihrem Sohn etwas zugestossen sein muss: «Sascha meldet sich immer zu Hause ab. Er geht nie alleine fort und ist sehr zuverlässig», beschreiben sie ihren Sohn. Das bestätigt auch Lehrmeister Kurt Steiner, der mit Saschas Leistungen sehr zufrieden ist: «Mich beschäftigt sein Verschwinden sehr», sagt er. «Wir sind wie eine Familie und wissen viel voneinander», ergänzt Steiner. Dass Sascha Freude an der Musik der «Böhsen Onkelz» (siehe Box) hatte, wusste er aber nicht.«Ein Suizid kommt für mich nicht in Frage. Wir führten gute Gespräche und Sascha freute sich auf die Ferien», erzählt Vater Thomas. Übernächsten Samstag wollte Sascha mit drei Freunden ins Tessin fahren. Und das mit einem neuen VW Polo GTI. Sein Vater kaufte ihm den Wagen, der am 10. Juli ausgeliefert worden wäre.

«Böhse Onkelz» ? Band mit Vergangenheit

VON LUKAS RÜTTIMANN

FRANKFURT ? Eine Band im Sperrfeuer der Kritik: Die «Böhsen Onkelz» gelten nach wie vor als rechtsradikale Band ? und das nicht zu Unrecht!Die Frankfurter Band verdankt ihren Aufstieg gezielten Provokationen deutschnationalen Inhalts. Songs wie «Türken raus!» oder heute verbotene Alben wie «Der nette Mann» lassen denn auch wirklich keine Zweifel offen: Diese Band verbreitet braunes Gedankengut ? und schürt mit ihren Liedern Hass und Gewalt gegen Ausländer! Heute distanziert sich die inzwischen zu einer der erfolgreichsten Rockbands Deutschlands avancierte Gruppe von den Fehlern ihrer Vergangenheit und tut sie als «Jugendsünden» ab. In den letzten Jahren haben sich die Musiker mehrmals gegen Rechtsextremismus ausgesprochen und sind sogar an grossen Festivals gegen Rechts aufgetreten.Auf ihren jüngsten Platten verzichten sie auf die explizit braunen Tiraden ihrer Anfangsjahre.Trotzdem werden die Onkelz die rechtsextremen Geister, die sie einst gerufen haben, nicht los: Noch immer sind Onkelz-Konzerte nämlich ein beliebter Treffpunkt für Neo-Nazis. Da helfen auch eindeutige Statements der Musiker («Glatzen haben bei uns nichts zu suchen!») wenig.Ganz unschuldig ist die Band nicht daran. Denn allen öffentlichen Bekundungen zum Trotz kokettiert die Band um Songschreiber Stephan Weidner auch heute noch mit missverständlichen Songtiteln und Texten. Klar scheint: Titel wie «Nur die Besten sterben jung» oder «Wir hamm?n noch lange nicht genug» allein sind kein Indiz für Rechtsradikalismus ? bei einer Band mit der bösen Vergangenheit der Onkelz aber sind sie sehr problematisch!