Uri verzichtet auf Anzeige

TagesAnzeiger

In Uri fehlen Beweisstücke für ein Strafverfahren gegen die Glatzköpfe vom 1. August. Pnos-Politiker distanzieren sich nur halbherzig von den Pöbeleien auf dem Rütli.

Luzern/Aarau. – Die Urner Kantonspolizei hat die Bundesfeier auf dem Rütli mit einer Videokamera aufgezeichnet. Damit wollten die Beamten sicherstellen, dass sie im Falle von Ausschreitungen über Beweismaterial verfügen würden. In den vergangenen zwei Tagen haben sie diese Aufnahmen gesichtet. Sie sind aber zum Schluss gekommen, dass es nicht möglich sei, auf Grund der Videobilder einzelnen Rechtsextremen eine Straftat nachzuweisen.

Damit zerschlägt sich die Hoffnung, dass der Kanton Uri im Nachhinein gegen die Glatzköpfe vorgehen könnte. Das Magazin «Facts» berichtet in seiner heutigen Ausgabe, dass die Anführer der Rechtsextremen mit einem Strafverfahren wegen Nötigung rechnen müssten. Um dies zu belegen, zitiert «Facts» den Urner Sicherheitsdirektor Josef Dittli: «Wenn Verantwortliche ausgemacht werden können, droht ihnen eine Strafanzeige.»

Gegenüber dem TA sagte Dittli jedoch bereits gestern: «Ich hätte gerne eine Anzeige eingereicht. Dies ist leider nicht möglich, da auf den Aufnahmen die einzelnen Personen nicht deutlich genug zu erkennen sind.» Dittli wird daher kein Strafverfahren einleiten lassen. Offen bleibt damit im Kanton Uri nur noch, ob eine Privatperson eine Anzeige einreichen wird. Dies ist unwahrscheinlich, da Bundespräsident Samuel Schmid selbst nichts unternehmen will.

Dass die unbewilligte Demonstration der Rechtsextremen in Brunnen ein juristisches Nachspiel haben wird, ist allerdings schon heute sicher: Bei der Kantonspolizei Schwyz haben zwei Privatpersonen eine Strafanzeige wegen Körperverletzung und Tätlichkeit eingereicht. Ob sich diese Anzeigen gegen eine bestimmte Person richten oder gegen unbekannt eingegangen sind, wollte der Sprecher der Kantonspolizei nicht sagen. Ebenfalls noch nicht sagen konnte er, ob der Kanton Schwyz selbst eine Anzeige erstatten wird. Dies hatte die Kommandantin der Schwyzer Polizei, Barbara Ludwig, am Montag in Aussicht gestellt.

Gewunden zu den Vorfällen äussern sich die bisher einzigen vom Volk gewählten Politiker der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos): Tobias Hirschi, Mitglied des Stadtparlaments von Langenthal, und Dominic Bannholzer, seit 1. August Gemeinderat im solothurnischen Günsberg. Sie gehörten ebenfalls zu den Rechtsextremen auf dem Rütli und marschierten im Demonstrationszug durch Brunnen mit.

Schmids «unschweizerische Rede»

Bannholzer sagte am Mittwoch, Bundespräsident Samuel Schmids Rede sei provokativ gewesen und habe «aus meiner Sicht auf dem Rütli gar nichts zu suchen» gehabt. Der 19-jährige Strassenbauer, momentan in der Genie-RS, ging aber vorsichtig auf Distanz zu den rüden Pöbeleien gegenüber dem Bundespräsidenten. «Ich kann die Buhrufe und Zwischenrufe nicht unterstützen.» Nach rund der Hälfte der Veranstaltung habe er das Rütli Richtung Schiffssteg verlassen.

Der Langenthaler Tobias Hirschi sagte, die Pfiffe gegen den Bundespräsidenten finde er richtig, nicht aber die Sprechchöre. Auf der Internetseite der Pnos heisst es allerdings triumphierend, mit den Pöbeleien habe Schmid «den gerechten Lohn» geerntet für seine «absolut unschweizerische Rede».

Hirschi und Bannholzer hielten nichts mehr von Distanz, als die Rechte in Brunnen in einem nicht bewilligten Demonstrationszug zum Bahnhof marschierte. Vielmehr führten sie mit andern Pnos-Funktionären den Zug an. Das sei gar keine Demonstration gewesen und nichts Illegales, behauptete Bannholzer gestern: «Es war einfach ein Rückmarsch zum Bahnhof mit einem Transparent vorne dran.» (das/pwf)