„Tot oder lebendig“

TaZ 15.4.00

Neonazis in Elmshorn setzen Kopfgeld auf IG Metall-GewerkschafterDer rechte Psychoterror in Elmshorn nimmt neue Dimensionen an. Gestern frühstellten Autobahnpolizisten bei Tornesch zwei Transparente mit derAufschrift sicher: „Uwe Zabel – Kopfgeld: 10.000 Mark – tot oder lebendig“sowie „Elmshorner macht euch frei von der Judentyrannei.“ Das „s“ war inForm einer „SS-Rune“ gemalt.Uwe Zabel ist Chef der Elmshorner IG Metall und im „Bündnis gegen Neonazis“engagiert, dessen Schirmherrin SPD-Bürgermeisterin Brigitte Fronzek ist.Seit Anfang des Jahres sind vier Farb-Anschläge auf das IG Metall-Büro undauf Fronzeks Haus verübt sowie Drohbriefe an Bündnismitglieder versandtworden. „Wir müssen die Drohung sehr ernst nehmen“, so der ItzehoerStaatsschützer Horst Klüver zur taz. Daher habe man die Landeskiminalämter(LKA) Kiel und Hamburg informiert. Das LKA Kiel bot dem Gewerkschaftersofort Personenschutz an.Noch am Donnerstagabend hatten auf Einladung der Gewerkschaft ÖTV inElmshorn 120 GewerkschafterInnen mit Schleswig-HolsteinsVerfassungsschutzchef Michael Wolf über rechte Gewalt diskutiert. VierNeonazis des „Pinneberger Sturm“, welche die Veranstaltung zu störenversuchten, wurden von der Polizei vorübergehend festgenommen.Wolfs Ausführungen – „Neonazis sind ein ernstes Problem für dieGesellschaft, aber kein Problem für die Demokratie“ – fanden angesichts derspürbaren Bedrohung wenig Anklang. Wolf begründete seine These mit dengeringen Mitgliederzahlen und dem sinkenden Einfluss rechter Parteien beiWahlen. Stark entwickelt habe sich aber seit der „Vereinigung eine rechteprovokative aggressive Jugendsubkultur“. Der Hamburger Staatsrechtler NormanPaech und der Anwalt Alexander Hoffmann forderten dagegen ein kategorischesVerbot von Neonazi- und Skinaufmärschen. „Ihr Hass und ihreAusländerfeindlichkeit verstößt gegen die Verfassung“, so Paech. „Wenn sicheine ausländische Frau nicht mehr auf die Straße trauen kann“, findetHoffmann, „ist die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht erst in Gefahr,wenn eine Partei 20 Prozent bei Wahlen erreicht.“ pemü