Start in eine neue Zukunft in Rickenbach

 

Thurgauer Zeitung vom 20.07.2010

2003 wurde Dominik Bein fast zu Tode geprügelt. Seither ist er behindert. Im Oktober zieht er in seine eigene Wohnung in Rickenbach – seine Mutter kommt mit.

Wil – Die neue Wohnung sei grösser und schöner. Ausserdem gebe es im Haus einen Lift, sagt Dominiks Mutter, Rosmarie Bein. Sie wird Anfang Oktober gemeinsam mit ihrem Sohn nach Rickenbach ziehen, da er auf ihre Betreuung angewiesen ist. «Insgesamt ist er sicher selbstständiger geworden», sagt sie. Das Gedächtnis des 22-Jährigen sei aber weiterhin sehr schlecht. Es komme zum Beispiel immer wieder vor, dass er sich verlaufe und dann irgendwo abgeholt werden müsse. Auch das Sprechen falle ihm sehr schwer.

Mit dem Geld der Opferhilfe habe sich Dominik die günstige 4,5-Zimmer-Wohnung leisten können. Ein eigenes Einkommen hat er nicht. «Beruflich hat sich für ihn leider noch nichts ergeben», sagt Rosmarie Bein. Am liebsten würde er mit Kindern oder Tieren arbeiten. Sie habe auch einmal in einem Kindergarten angefragt, ob Dominik nicht helfen könne. «Sie sagten mir aber, dass sie keine Zeit für ihn hätten.» Geduld sei im Umgang mit Dominik entscheidend. «Er arbeitet sehr sorgfältig und exakt, kann aber nur eine Aufgabe nach der anderen bewältigen.» Auch technisch sei er interessiert: Derzeit baue er in der Ergotherapie ein Radio zusammen.

Ein Schläger bald frei

Im Herbst 2007 wurden die Schläger zu fünf bis sechs Jahren Gefängnis verurteilt. «Es könnte sein, dass der erste im August aufgrund guter Führung entlassen wird», sagt Rosmarie Bein und seufzt. Sollte das tatsächlich der Fall sein, werde sie aber im Vorfeld informiert. Ausserdem stehe noch ein Urteil des Zivilgerichts aus, da die Täter bisher kein Geld an Dominik zahlen wollten. «Das ist aber Sache des Anwalts», sagt sie und seufzt erneut. Mit den Tätern wolle sie nichts zu tun haben. «Mich frustriert nur, dass sie sich bisher nicht entschuldigt haben.»

Bis zum Umzug seien sie noch damit beschäftigt, auszumisten. «Dominik soll ohne Altlasten in eine neue Zukunft starten können», sagt Rosmarie Bein. Es sei ihr wichtig, dass er nach dem Umzug mehr Raum für sich habe. Immerhin sei er jetzt ein erwachsener Mann. Für die Zukunft wünsche sie sich, dass er ein selbstständiges Leben führen könne. «Vielleicht findet er ja auch ein liebes Mädchen, dass später mit ihm zusammenlebt.» RAHEL HAAG

Der Fall Dominik Bein

Am Abend des 27. April 2003 befanden sich der damals 15-jährige Dominik und sein zwei Jahre älterer Freund unter den Konzertbesuchern einer Ska-Band im Frauenfelder Eisenwerk. Schon vor Konzertbeginn sollen rechtsextreme Skinheads Konzertbesucher vor der Tür angepöbelt haben. Durch seine farbige Jamaica-Mütze fiel Dominik der Gruppe auf dem Heimweg auf. Sinnlos prügelten die Rechtsradikalen auf den Jugendlichen ein. Für Dominik hatte die brutale Gewalttat eine lebenslange Behinderung zur Folge. Sechs der Täter wurden 2007 zu einer Gefängnisstrafe von fünf bis sechs Jahren verurteilt. Der siebte Schläger beging in U-Haft Suizid.