Schweizer Demokrat erneut wegen Rassismus verurteilt

Landbote.

Der ehemalige Präsident der SD, Willy Schmidhauser, musste sich wegen Rassismusvorwürfen wiederholt verantworten. Sein Plädoyer war chancenlos.

Willy Schmidhauser will einfach nicht aufgeben. Heute stand der langjährige Parteipräsident der «Schweizer Demokraten» Thurgau (SD) bereits zum fünften Mal vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm mehrfache Rassendiskriminierung vor.

Schmidhauser hatte sich zwischen November 2009 und August 2011 wiederholt mit dem Islam beschäftigt. Einmal in der von Alt-SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer herausgegebenen «Schweizerzeit» mit Sitz in Flach, und mehrmals auf der Internetseite seiner Partei.

Während des Abstimmmungskampfes um die Anti-Minarett-Initiative zitierte er Suren aus dem Koran, in denen Muslime zum «Morden an Ungläubigen» aufgefordert werden. Schmidhauser kam zum Fazit: «Die Einwanderung und Einbürgerung von noch mehr Muslimen muss sofort überdacht werden. Da der Koran für Muslime verbindlich ist, bleibt meines Erachtens nur die Massenheimschaffung der Muslime.» Andernfalls werde «unser Volk» zerstört. Überschrieben war der Leserbrief mit: «Mit dem Islam zurück ins Mittelalter».

Laut der Staatsanwaltschaft hat er damit dem Islam und den Muslimen «eine Zwanghaftigkeit zu Verbrechen» unterstellt. Sie forderte deswegen eine bedingte Geldstrafe von 3600 Franken sowie eine zusätzliche Busse von 1000 Franken. Schmidhauser wehrte sich jeweils vehement gegen die Vorwürfe und legte bei jedem Urteil Berufung ein. Somit war der Fall bereits vor Bundesgericht (siehe Box).

Für die Richter ist der Fall Schmidhauser bereits Routine, sie verzichteten dementsprechend auf jegliche Vorfragen. Vor dem Dreiergremium am Obergericht verteidigte sich Schmidhauser selbst, die Staatsanwaltschaft erschien nicht. Weil das Verfahren seit mehreren Jahren läuft, waren an der Verhandlung vom heute bereits zwei der sträflichen Texte, darunter auch der Leserbrief in der «Schweizerzeit», verjährt. «Wir haben das genau geprüft und sind nicht gegen Sie eingestellt», sagt der Richter.

«Koran ist sakrosankt»

Schmidhauser, mittlerweile 75, erschien mit einem vollen Ordner an Medienberichten, er hielt sein emotionales, eineinhalbstündiges Plädoyer im Sitzen und in seiner Winterjacke. Im Plädoyer positionierte er sich als Verfechter der Demokratie und Schweizer Werte.

Er fragte das Gericht, wieso die Christen oder Juden karikiert und verspottet werden dürfen, der Koran aber sakrosankt sei. «Warum misst die Justiz hier mit zwei Ellen?» Da viele Korantexte rassistisch seien, wäre eine staatspolitische Klärung längst überfällig. «Statt das zu klären, verfolgen die Justiz und Beamten Rassisten.» Er warf dem Staatsanwalt vor, versagt zu haben: «Er hat den Koran nicht gelesen, er hat keine Kenntnis von der Materie.

Wie soll er im Fall differenzieren können?» Schmidhauser sieht sich als Opfer der Justiz und Medien: «Seit bald zehn Jahren werde ich von der Justiz verfolgt und hingehalten, zehn Jahre lang wurden meine Bürgerrechte von den Medien und der Regierung auf Null reduziert.» Er fühle sich verlassen «von unserem Land und hintergangen von unserer Justiz».

Schmidhauser forderte einen Freispruch in allen Belangen, «wenn möglich» eine Entschuldigung des Gerichts, sowie eine Entschädigung in der Höhe von 90 000 Franken für das Leiden seiner Familie und 100 000 Franken für den Wiederaufbau der Schweizer Demokraten im Kanton Thurgau.

Das Gericht zeigte sich unbeeindruckt von Schmidhausers Plädoyer und sprach ihn schuldig. Wegen einer teilweisen Verjährung reduzierte sie die bedingte Geldstrafe auf 1400 Franken. Der Richter stellte klar, dass Schmidhauser mit diesem Urteil nicht mundtot gemacht werde: «Sie dürfen den Islam und dessen Missstände kritisieren, Sie müssen aber aufpassen, wie Sie das machen.» Er empfahl Schmidhauser beim Verfassen von Texten, es «wie ein guter Journalist zu machen» und beim Bezug auf Fakten die Quellen genau zu nennen.

«Skandalöser Prozess»

Schmidhauser nahm das Urteil ruhig und ohne Widerstand entgegen. Die Zuschauer hingegen, Bekannte von Schmidhauser, hatten während der Verhandlung immer wieder den Staatsanwalt beschimpft und von einem «skandalösen Prozess» gesprochen. Einer von ihnen ging nach der Verhandlung zum Richter und liess seiner Wut freien Lauf. Es sei eine Schande, dass unschuldige Schweizer verurteilt werden und Ausländer dafür Freispruch erhalten. Der Richter liess sich nicht auf eine Diskussion ein.

Dass die Strafe tiefer ausfällt als bei der Vorinstanz, dürfte Schmidhauser nicht kümmern: Ihm geht es ums Prinzip. Bereits vor der Verhandlung versicherte er den anwesenden Journalisten, dass er das Urteil weiterziehen werde: «Solange, bis ich in allen Punkten freigesprochen werde.»


INFOBOX

Der Fall Schmidhauser

  • Juni 2014 Im Juni 2014 muss sich der SD-Politiker das erste Mal vor dem Bezirksgericht Andelfingen für seine Texte in der «Schweizerzeit» und auf der Website der SD Thurgau verantworten. Obwohl Schmidhauser plädiert, bloss wiederholt zu haben, was andere schon geschrieben hätten, verurteilt ihn das Gericht zu einer bedingten Geldstrafe von 3600 Franken. Schmidhauser zieht das Urteil weiter.
  • April 2015 Der Fall landet beim Obergericht in Zürich. Das Obergericht folgt dem Urteil des Bezirksgerichts und spricht Schmidhauser in zweiter Instanz schuldig. Dieser reicht daraufhin Beschwerde beim Bundesgericht ein.
  • Dezember 2015 Die Beschwerde Schmidhausers ist erfolgreich: Das Bundesgericht in Lausanne hebt das Urteil des Obergerichts auf. Grund: Da die Staatsanwaltschaft die diskriminierenden Texte Schmidhausers zusammenfasste, habe sie gegen den Anklagegrundsatz verstossen. Sie hätte die einzelnen Äusserungen in der Anklageschrift separat auflisten müssen.
  • Juni 2017 Der Fall geht zurück an den Absender: Nach dem Entscheid des Bundesgerichts ergänzt die Staatsanwaltschaft ihre Anklageschrift, der Fall landet somit erneut vor dem Bezirksgericht Andelfingen. Der Einzelrichter spricht Schmidhauser erneut schuldig, reduziert aber die Strafe auf 2700 Franken. Grund ist die Länge des Verfahrens. Schmidhauser legt noch im Gerichtssaal Berufung ein.
  • März 2018 Der Fall wird erneut vor dem Obergericht behandelt. Das letzte Kapitel? Wohl kaum – Schmidhauser hat Bereits angekündigt erneut Berufung einzulegen.