Schlugen Skinheads zu?

St. Galler Tagblatt

Schlägerei in Frauenfeld: Skins sollen vor der Tat Konzertbesucher angepöbelt haben

Bevor er ins Koma fiel, äusserte der 15-jährige Jugendliche gegenüber Passanten und Notarzt, er sei von Rechtsradikalen zusammengeschlagen worden. Die Polizei tappt weiter im Dunkeln.

Daniel Ryser

In der Nacht auf den 27. April wurden zwei Jugendliche nach einem Konzertbesuch im Frauenfelder Kulturzentrum Eisenwerk zusammengeschlagen und schwer verletzt. Ein 15-Jähriger erlitt lebensgefährliche Kopfverletzungen. Die Untersuchungen der Polizei sind im Gang. Der Tathergang sei weiter unklar, heisst es.

Gespräche mit Konzertbesucherinnen und -besuchern zeigen, wie sich die Tat abgespielt haben könnte: Das Ska-Punk-Konzert zog neben friedlichen Besucherinnen und Besuchern auch eine Gruppe von rund 20 Skinheads an. Diese pöbelten vor dem Eingang rum. Dann, gegen 23 Uhr, zogen sie sich zum Bahnhof zurück. Das könnte den beiden späteren Opfern zum Verhängnis geworden sein, denn der Bahnhof war ihr Ziel. Liefen sie dort den Skinheads in die Ar-me?

Polizei weiss von nichts

Diese Version der Geschichte ist nicht bewiesen. Doch wird sie von Zeugen gestützt. D., der zusammen mit seiner Freundin die beiden Opfer gefunden hatte, sagte gegenüber unserer Zeitung: «Wir fragten die beiden Verletzten, was passiert sei. Beide sagten, sie seien von Nazis verprügelt worden.» Von den Opfern ist diese Aussage zurzeit nicht mehr zu bekommen. Der weniger schwer Verletzte kann sich aufgrund einer Gehirnerschütterung an nichts mehr erinnern, der andere liegt noch immer im Koma. Der alarmierte Notfallarzt bestätigt die Aussagen der Passanten: «Der Junge, der jetzt im Koma liegt, sagte unvermittelt, er sei von Rechtsradikalen zusammen geschlagen worden.» Rolf Müller, Informationschef der Thurgauer Kantonspolizei, sagt: «Wir wissen nichts von einer Massierung von Skinheads im Bereich des Eisenwerks.»

Verbale Attacke

Rätsel gibt eine verbale At- tacke auf: Unmittelbar vor der Tat sollen Unbekannte aus einem Haus heraus den beiden späteren Opfern «Scheiss Punks» nachgerufen haben. Das Haus liegt zwischen Eisenwerk und Bahnhof, also im Bereich, wo sich die Tat abgespielt haben muss. Ist die Polizei dieser Spur nachgegangen? Von Rolf Müller ist dazu nur ein knappes «Ja» zu erfahren. Ob die Spur zu einem Ergebnis führte, lässt er offen.

Eine weitere Spur führt zum Frauenfelder Oberstufenzentrum (OZ) Auen. Jugendliche wollen gesehen haben, dass sich unter den 20 Skinheads auch Schüler des Zentrums befunden hätten. «Wir haben diverse Personen im Zusammenhang mit dem Vorfall überprüft», sagt Müller dazu. Keine der Personen komme aber als Täter in Frage.

Nicht wirkliche Skinheads

Im OZ-Auen war es in der Vergangenheit zu Auseinandersetzungen zwischen ausländischen Schülern und Skinheads gekommen. Das sagt Schulleiter Franz Schalk. Die fünf, sechs in Frage kommenden Schüler seien aber nicht wirkliche Skin- heads, sondern Sympathisanten der Szene. «Das ist eher eine pubertäre Phase, als ein wirkli ches Rassismus-Problem», sagt der Schulleiter. Er gibt zu be-denken: Das OZ-Auen habe 530 Schülerinnen und Schüler. «Wir sind also keine Brutstätte für Skinhead-Nachwuchs.»

Bereits im Dezember hatte eine Gruppe von 20 Skinheads ein Ska-Punk-Konzert im Eisenwerk gestört. Neben verbalen Provokationen hatte ein Skin- head Reizgas versprüht. Die Kantonspolizei Thurgau führte Personenkontrollen durch. «Die überprüften Personen stammten aus der ganzen Ostschweiz», sagt Rolf Müller. Ob diese Skin- heads zu den aktuellen Vorgängen befragt wurden, wolle er aus «taktischen Gründen» nicht sagen.